Freitag, 13. Dezember 2013

snoid studios vol 43


heute bin ich fast ein bißchen an deutschland radio wissen verzweifelt. das ist eigentlich, jedenfalls was die webschau betrifft, vor allem wenn sie von martina schulte zusammengestellt und vorgetragen wird, eine feste größe auf meiner täglichen playlist auch wenn ich meinem anderen favourite, dem "lärm der woche", nicht immer was abgewinnen kann, weil es da einfach zu krasse qualitätsunterschiede gibt, je nachdem, wer ihn gestaltet.

ruben jonas schnell von byte.fm jedenfalls löst hier immer kleine freudentaumel aus, weil er (imho) kompetent ist und immer spannende dinge zu erzählen hat und mich irgendwie ein bißchen an die sounds der 70er erinnert. oliver stangl wiederum schafft es da gerade mal zur musikexpress der 90er (alles imho). klaus walther wiederum, der ja ab und an auch einen beitrag liefert, hat eher was von der französischen rock & folk, und die halte ich ja für die beste musikzeitung bzw. die einzige, die sich zu lesen lohnt und der ich hier ja mal eine kleine liebeserklärung verpasst habe.

dies (sicher zum xten mal) so gesagt kann ja vielleicht erklären, warum ich heute eine kleine twitterattacke auf drw abgefeuert habe. geärgert habe ich mich vor allem über den heutigen beitrag, weil er die frage aufwarf, ob eine nach lady gaga gestaltete sexpuppe "überflüssig" sei.

ahem, warum bitte soll das "überflüssig" sein?

darf ich mal dezent den namen hans bellmer "droppen"?


der dürfte lady gaga geläufig sein und deshalb versteht sie den scherz oder - wenn schon eine diskussion auf der "metaeebene" zu führen wäre - vielleicht die frage, die zu stellen wäre, eher um das thema kreist "ist das nun originär oder bloß ein sample", oder "verwurstet lady gaga bloß sakrosankte items der kunst?" und - wenn ja - "darf sie das?".

yep. das darf sie. das nennt sich postmoderne und das ist ja nun so banal und allgemeiner usus wie - sagen wir mal - fernsehen gucken. das ist nur ein problem, weil eben lady gaga das macht. die ist nämlich nicht "ernstzunehmen "- wenn man das thema auf dem level eines pennälers verhandelt, der durch das dissen von bands aus der sphäre erfolgreicher popmusik die zugehörigkeit zum eigenen rudel definiert.

so was von uncool, die lady. wie tokio hotel. 

man kann das anders sehen. ich sehe das zb. anders.

wenn ich da drauf gucke, dann hat lady gaga zb. die ebene verlassen, auf der man sich noch rechtfertigen muss, daß man dies oder jenes tun darf oder tut, weil sie nicht nur ein erfolgreiches sondern vor allem ein intelligentes mädchen ist, das seinen eigenen kram auf der reihe hat und - vor allem - den namen bellmer so schnell abfeuern könnte wie den von michel de montaigne ...


ich weiss, das ist ausschweifend, schon okay, und eigentlich wäre das ja auch kein thema, wenn die sache für mich nicht eine menge mit dem zweiten thema gemein hätte, das hier die letzten tage eine rolle spielte: das nervensägende herumnölen an dem, was andere auf die reihe bekommen und einem selbst vielleicht verwehrt ist. also dem appell der 560 schriftsteller, zu dessen unterzeichnung ich ja aufgerufen habe.

bei lady gaga kann ich ja noch unterstellen und mutmaßen, daß da eine dicke spur verklemmtheit "am start" ist, ein bißchen auch probleme damit, daß die so ein versautes luder ist, wo man sich doch gerade noch an dem abarbeitt, was früher mal miley cyrus war und sich nun halbnackt an riesenhämmern reibt. was wiederum nicht die selbe qualität hat, wie das, was etwa brittney spears und andere chicks-with-a-mike-hupfdohlen veranstalten, die es eher darauf anlegen, den sugar-daddy-modus zu bedienen.

ich finde es durchaus okay, was lady gaga da so veranstaltet und ... mal ehrlich ... was spricht dagegen, daß eine sexpuppe von ihr in serienproduktion gehen sollte? na gut, eine generell verklemmter umgang mit der sache in sich, no sex pliiiieeees, we're toitsch & katholisch oder eben das generelle problem damit, daß die frau (also die als solche) sich bitte nicht wie eine schlampe aufführen soll.

die gefahr besteht ja bei juli zeh weniger.

manchmal denke ich, das leute, die über sie reden - gerade im zusammenhang mit der aktuellen debatte über den aufruf - eigentlich keinen plan haben, wer sie ist. ich lese da, daß sie eine talkshow-tante sei  - und es klingt ein klitzekleines bißchen neid mit durch, "warum kriegt die ihre seconds of fame und ich nicht?" style.

ganz einfach, junior, bei dir kämen ein paar minuten shame raus ...

falls du den scherz verpasst, den du vielleicht schon bei bellmer nicht mitbekommen hast, einfach mal andy warhol und marilyn manson googeln.

bei juli zeh kam - in meiner welt jedefalls - immer nur der reine leuchtende glanz heraus.

nein, das ist keine verkappte liebeserklärung, das ist einfach das, wie ich sie von der ersten minute an wahrgenommen habe: eine äußerst kluge frau, und wenn die in einer talkshow sitzt, ich par zufall da lande und mir das gekreische antue, dann sehe ich mich persönlich immer hervorragend von ihr vertreten.

einfache sache.ich kenne ihre arbeit und mag die frau.

das ist bei mir schon seit "adler und engel" so. also seit nun 12 jahren.

das hat sich auch nicht mit "spielzeit" oder "corpus delicti" geändert, die ich zwar nicht ganz so spannend wie "adler und engel" fand, aber jedes für sich eine kluge diskussion über interessante themen wie etwa der dystopie einer vom gsundheitswahn regierten gesellschaft führte. äußerst anregend. weitsichtig. mit genug phantasie, sich das vorzustellen und zu durchdenken.

chapeau, frau zeh, sie haben definitiv mehr als einmal "my day" gemacht.

bevor du, lieber leser, nun denkst,

die sache sei damit abgehandelt und das könnte ich mir genausogut zusammengegoogelt haben, au contraire, mon cher, in meinem archiv finden sich über den daumen gepeilt 25 features und gespräche mit ihr oder alles, was so an hörspielen im radio ausgestrahlt wurde. ihr text "zur hölle mit der autenzität" von 2006 war mir wichtig genug, um ihn abzuspeichern und im archiv abzulegen, und ihr fröhliches "ich verstehe, daß viele mein stil nervt" hat mich schon 2007 zum kichern gebracht. ich bin kein berufener zeh-ologe, aber, naja, ich finde schon, daß da im moment eine menge leute sich an einer person reiben, von der sie schlicht keine ahnung haben.

hab ich auch nicht, aber ich weiss wenigstens, wovon ich rede.

deshalb hätte heute martina schulte auch beinahe ihren guten ruf bei mir verspielt, den sie fast durch das erneute verlinken dieses elenden artikels von lorenz matzat der findet, der aufruf sei "pseudoradikal" (och wie süüüß, wie war das mit dem glashaus und den steinen oder dem einen finger und den vier, die auf den sender zurückweisen), gefährdet hat -  und sich dann gerade noch so mit einem "Einen konstruktiveren Vorschlag macht er aber auch nicht." aus der affaire gerettet hat.

große erleichterung auf dieser seite des schirms, auf der der älteste "martina-schulte-fanclub" beheimatet ist qua alter und existenz, dieser einmann organisation ;-)

tut mir leid, ich kaufe diese "ich habe da noch was zu benölen" nummer nicht.

ich unterstelle niedere instinkte oder - deshalb die nummer mit der zugehörigkeit zu einem "rudel" durch das dissen einer gemeinsam abgelehnten person da oben - eben einfach "herum-rudeln", das baden in der peergroup, für die man zwanghaft das alphamännchen abgeben muss. gähnend öde.

nie "quadrophenia" von den who geguckt?

das kann man schon seit den 70ern verstanden haben ...

ich meinerseits sehe auf der liste derer, die unterzeichnet haben, eine menge namen von autoren, die ich schlicht liebe (hey, umberto eco hat unterschrieben, war ja klar, auch ein kluger kopf) und sie seit jahrzehnten zu denen gehören, was mich in meinem blick auf die dinge geprägt haben.

ich denke halt, das gros der nölbacken hat für deren lektüre schlicht keine zeit. juli zeh ist nur diese tante, die sie kennen, weil sie in der lage waren, die glotze anzuschalten und schon haben sie ein twitterwertes urteil. na danke, aber sorry folks, aber auf dieses belanglose herumgenöle gebe ich einen feuchten kehricht ...

und stelle fest, daß da in ein paar tagen 120.000 leute unterzeichnet haben.

klar, irgendein witzbold, immer zu einem coolen spruch in 140 zeichen bereit, wird mich jetzt an ein plakat/spruch aus den 70ern gemahnen "esst mehr scheisse. billiarden fliegen können nicht irren" ...

das, liebe freunde, ist sooooo coooooool.

ich frage mich, wer hier samples verwurstet und ob die kenntnis von bellmer durch lady gaga da wirklich soooo schlecht abschneidet - und komme zum ergebnis, daß sie kein kleinkarierter neidhammel mit profilneurose ist, sondern etwas so kohärentes erzeugt wie juli zeh auch.

diese kohärenz, diese energie, die etwas neues schafft statt nur über das veraltete im neuen des anderen nölt, "pseudoradikalität" ausmacht, die fehlt den kleinkarierten deutschen postern und kommentatoren leider zur gänze. aber an den zustand habe ich mich seit jahren gewöhnt, da läßt es sich leicht und zurecht über die AFD-horden mokieren, wenn man sich durch die kommentarspalten des landes ackert, findet man eine menge unterbelichteter trolle, die sich für ganz coole jungs halten. 

nope, kleinkariert, instinktgetrieben und von völliger planlosigkeit.

so, und jetzt - obwohl ich ja noch gerne eine ebenso heftigte suada in sachen trojanow abgefeuert hätte, aber heute ist hier ladys-night - ist die sache für mich erledigt. du, liebe bloggosphäre, du herzallerliebster wald und wiesen twitter mit qua geburt eingebautem recht zu einer jederzeit abfeuerbaren meinung, fühl dich ruhig weiter wohl in dem, was du für deine "seconds of fame" hälst.

sorry, es reicht nur für "shame",  fremdschämen und gruseln, weil das alles so unsagbar peinlich ist ...

nachdem ich mich hier so richtig auf- und wieder abgeregt habe, kehre ich wieder zurück zu den wunderbaren konzerten der waybacks bei archive.org, das ist wenigstens keine zeitverschwendung.

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