eigentlich wollte ich diesen post "der digitale bourgeois" nennen.
weil ich ja eher eine gewisse zuneigung zu den sansculotten und für den ami du peuple hege, der bourgeois, der in seiner warmen stube sitzt und wohlfeil die themen des tages diskutiert, nicht wirklich so mein fall ist und ich zum ergebnis komme, daß die ursache für meinen furor summa summarum die einfache. erkenntnis ist:
die digitale boheme ist eine digitale bourgeosie
es klingt ja wie eine freundlich gesittete hippie-idee, wenn der erblogger und differentia vorschläge machen, wie man dem elend bei facebook oder in den kommentarspalten der republik begegnen könnte.
nüchtern betrachtet erteilt der erblogger einen "arbeitsauftrag".
"wäre es nicht die aufgabe von irgendwem, irgendwohin zu gehen und mit denen mal zu reden?"
also von wem auch immer, "geh da hin, red mal mit denen. besuch die mal zu hause. das sind sicher ganz nette, die werden zu- und auf dich hören" mit einem bonus, einem kleinen "beifang" in form eines portraits des durchschnittlichen trolls in seinem natürlichen umfeld.
und das dann getoppt von differentia, der mutmaßt, daß die ganzen netten leute, die nett unterstützende postings in richtung deíche senden, motto "ich drück euch hier die daumen und hab' euch ganz fuchtbar lieb. wir sehen uns morgen beim bäcker" sich zum teil mit den brunnenvergiftern decken.
ich versuche mal ohne weitere boshaftigkeiten auszukommen
aber, du kennst mich, ich kann dir nichts versprechen.
ich mag den erblogger, ich lese seine sachen gerne, ich weiss, daß er es gut meint und wenn ich das recht sehe, hat er nicht in den allgemeinen betroffenheitstaumel in sachen "horrorinternat".mit eingestimmt, was für mich gerade ein absoluter pluspunkt ist.
differentia ist noch verschwurbelter oder abgehobener als ich, und das will was heissen.
bleibt aber, daß der erblogger einen "arbeitsauftrag" an wen auch immer sendet, die sache, also das zunehmende verkommen des digitalen öffentlichen raumes selbst, das vergiften des digitalen brunnens, für ein minderes problem hält, dem man mit einem freundlichen auf-das-gegenüber-zugehen begegnen könne.
tut mir leid, aber ... naja, das wäre schon vor 7 jahren ein problem gewesen.
also im kindergarten
als die kids noch "formbar" waren.
wobei, bevor das hier jetzt jemand in den falschen hals bekommt, ich "forme", indem ich mit kleinkindern augenkontakt aufnehme, sie anblinzele, lächele und ihnen beim einkaufen, wo sie gerade von ihren vielleicht streitenden eltern durch das kaufhaus gezerrt werden, zu verstehen gebe "hey ist schon okay, die welt ist eigentlich ein freundlicher ort".
das ist so ein familiending, wir, sprich meine töchter und ich, haben so etwas wie einen kleinkinder-anzwinker-geheimbund gegründet und zwinkern halt so drauf los. bewusst als unseren kleinen beitrag, die welt besser zu machen. namaste ...
da funktioniert das ja auch noch, also mit kleinen kindern, die diesen moment noch aufnehmen können und - so unsere hoffnung - ihn dann unterbewusst langzeitspeichern. die können ja nix für ihre eltern.
dann kommen sie in die schule. treffen auf dem schulhof die arschlöcher und wenn man pech hat, sind sie für die nächsten dutzend jahre schlicht verloren. sie passen sich halt an. werden auch arschlöcher. und posten dann bei facebook zu claudia roth.
macht also keine schrägen witze über "neuland", ihr selbst scheint "neuland" zu betreten und die fäkalien, die hier überall herumliegen als genuinen bestandteil der umgebung zu halten ...
die anderen, die in ihrer kindheit viel lachen gehört und viele augenzwinkererr und das rechte lob zur rechten zeit bekommen haben, höflichkeit verinnerlicht und optimistisch in die zukunft gehen. und die, die ihren saulus/paulus moment hatten, einen tweet von g*tt aus dem busch: "mach mal locker".
die, die dann später empathie mit anderen und neugier auf das andere zeigen können.
natürlich, lieber virtuelle oberfläche, teile ich deine hoffnung, daß die in der mehrheit sind und "wir" am ende zwangsläufig gewinnen werden.
eben lief während der arbeit hier auf einem monitor die zweite hälfte von "mankind - die geschichte der menschheit" als hörbuch ersatz, um mich bei laune zu halten. hat es auch, es hat mich sogar optimistisch gestimmt und das nicht nur, weil es mich natürlich in meiner überzeugung bestärkt, daß es immer die irren und die aussenseiter sind, die das rad weiterdrehen, daß die sturen und dummen, die die sich einfach nichts vorstellen können, anzuhalten suchen.
schon okay, ich bin natürlich optimistisch gestimmt.
ich glaube, daß immer noch eine photoserie von abgehackten händen um den planeten veröffentlicht, von einem mark twain der jetzt-zeit betextet, der finsternis ihr herz herausreissen kann. daß ein film von einer menge, die von der polizei des ortes niedergetrampelt, am ende dafür sorgen kann, daß gerechtigkeit und das eigentlich doch selbstverständliche, das "gute und richtige" durchsetzt. zu viele mysteriöse anspielungen?
guck's einfach.
schöne serie. läuft diesen monat, ich lege mal einen ausdruck der termine hinter den jumpbreask. schön gemacht, voller spannender geschichten und vielleicht interessanter einsichten. 12 folgen sind happig, ich weiss, aber es wird so oft wiederholt, irgendwie wird dein festplattenrecorder das schon hinbekommen ;-)
jedenfalls keine zeitverschwendung.
aber ich schweife ab
woran ich nicht glaube, ist, daß es bei den pennälern einen aha-effekt auslösen oder sie "bekehren" könnte, wenn man sie zuhause besucht und ihnen ins gewissen redet. geschweige denn ihnen nur zuhört und findet, sooooo unrecht hätten sie ja auch nun wieder nicht. oder doch jedenfalls das recht, dampf abzulassen.
einmal abgesehen davon, daß ich immer noch nicht erkenne, wer denn bitte den arbeitsauftrag ausführen soll. RTL? wochentliche "real life doku" mit irgendwem zwischen frau salesch und frau saalfrank"?
na danke.
"die" presse?
ich sehe schon den spiegel sich des themas annehmen. oder die zeit, das wird die jungs sicher mächtig beeindrucken. übermorgen, oder, ich will geduldig sein, in einem jahr haben die jungs eingesehen, daß ihr verhalten im öffentlichen digitalen raum "unanständig" war und werden sich bei claudia roth entschuldigen.
das halte ich schon eher für zeitverschwendung und da an einen für mich nicht erkennbaren medialen sozialarbeiter gerichtet, auch nicht wirklich praktikabel. es wird sich keiner finden, es sei denn der erblogger macht es selbst.
wir können ja schon froh sein, daß "exit" wieder geld bekommt ...
was mich aber wirklich fassunsglos macht
ist die vorstellung, die ben unlängst mal quälte: vielleicht sind ja die, die den polizeieinsatz in frankfurt gut heissen, genau die, die morgens neben einem stehen, wenn man brötchen kauft, von differentia gespiegelt: also die putzige vorstellung, die leute, die nette tweets richtung deich sendeten, seien vielleicht die selben, die hasserfüllte kommentare über claudia roth in die welt feuern und ...
wahrscheinlich im grund keine schlechten menschen.
echt?
ich weiss wirklich nicht, was ich damit anfangen soll.
soll ich lachen? soll ich weinen? soll ich einen tobsuchtsanfall bekommen?
aber, ich wollte ja durchatmen. tiiiiief.
und nachdem ich mich gefasst habe ...
stehe ich schon wieder kurz vor einem tobsuchtsanfall.
weil, naja für mich, besteht ein klitzekleiner unterschied, wirklich marginal, zwischen "einen solidarischen tweet" abzufeuern und ... naja, da hin zu fahren und zu helfen und dann einfach keine zeit mehr zu haben, seine gottverdammt überflüssige solidarität vom schreibtisch aus erklären und damit seine "pflicht & schuldigkeit" getan zu haben. wie man sie getan hat, wenn man bei der taz seine wut über diesen schrecklichen skandal im "horrorinternat" textet.
hat man nicht.
man hat keinem einzigen kind geholfen, wenn man eine runde virtueller taschentücher mit aufdruck "geht mal zur taz, da steht was ganz schlimmes, die armen kinder!!!!" verteilt hat, sich ein tränchen weggedrückt angesichts der grausamkeit in der welt.
das ist .... tief durchatmen ... GEQUIRLT SELBSTGEFÄLLIGE SCHEISSE1
sorry, meine großschreibtaste hat gerade geklemmt ...
die heute-show hat ja gerade sommerpause und einer muss den job vom hassknecht machen: "wer hat euch denn ins gehirn geschissen????"
glaubt ihr allen ernstes, dieses getwittere diene zu irgendetwas anderem als trieb- aka empathieabfuhr????
tief durchatmen, ganz ganz ganz tiiiiiiief durchatmen
"die digitale bourgeoisie" bespiegelt sich nur selbst, tagein tagaus.
alles wird beklagt, mit wohlfeilen vorschlägen (seien wir doch einfach ein bißchen netter zueinander!)
das kann man doch als denkender mensch nur abgrundtief verachten.
könntet ihr bitte mal die rosarote brille absetzen.
bemerken, was da draussen, ausserhalb der warmen wohnstuben, in denen sich die digitale bourgeoisie so schon gepflegt eingerichtet hat und artige gespräche führt, passiert? daß der haßlevel auf einen pegelstand gestiegen ist, den der zdf-redakteur den zartbesaiteten erst gar nicht zumutet? daß die dämme nass sind und weich wie pudding? daß diese scheisse über die strase läuft und demnächst unvermutet die keller auch der digitalen bourgeoisie erreichen und dann bis in den ersten stock, bis in die besagten wohnstuben und salons schwappen wird und die zeit für einen "hillfe!"-tweet nicht mehr da sein wird?
schon okay, ich rege mich ja schon wieder ab.
obwohl mir einfach nicht danach ist.
du kennst das: "the boy cried wolf"
ich komme mir vor, wie jemand, der in einen salon eindringt, in dem gerade mozart gespielt wird, "feuer" ruft und jemand aus dem raum zischt nach ruhe, damit die anwesenden weiter der aufführung angemessen lauschen können.
h. huett hat mit seinem "rette sich wer kann" in "die geschichte spielt verückt" vollkommen recht, ich füge dem ein, "wohin, bitteschön?" hinzu, weil es, während da vorne die geigen säuseln, immer enger wird.
man kann das alles ignorieren.
man kann victor orban ausblenden, die islamophoben, die maskulisten, die eurohasser, man kann "jedem tierchen sein pläsierchen" säuseln und dafür plädieren, daß wir uns alle mal so richtig liebhaben sollen, der hippie in mir liiiiebt so was.
aber der teil in mir, der hinguckt, der nachdenkt, der versucht zu vrstehen, der kann leider, leider, leider nicht ausblenden, was passiert oder gar den sättigungsgrad der deiche.
butterweich
ich bin's nicht.
ich bitte die herrschaften von der digitalen bourgeoisie, aufzustehen und beim löschen oder beim sandsack stapeln zu helfen, ihre gute stube zu verlassen und dahin zu gehen, wo die schwersterziehbaren die regeln des anstands sturmreif schiessen.
gesicht zu zeigen.
dort den anstand einzufordern
es geht hier nicht um trolle.
es geht darum, daß die bereitschaft, sich wie ein arschloch aufzuführen, rasant zunimmt und das neuland vergiftet.
klar, einfach den "troll" auszublenden, wenn er bei einem zuhause auftaucht, wird uns sicher ganz weit bringen wenn wir erst mal verstanden haben, was überhaupt passiert, ihm dieses recht zugestehen, sofort die "jüdische weltverschwörung" durchzudiskutieren: "jau, sehe ich genau so".
[oder: nachgetragen, wie wär's denn bitteschön hiermit. das ist jetzt nicht mehr vom rand der galaxis, das ist vom spiegel ... die übrigen beiträge des users ... das ist sicher auch einer von den netten, die man morgens beim bäcker trifft und die herzerweichende tweets gegen den damm schicken.]
und das, das musste ich nicht etwa lange suchen. ich musste es nur sehen (wollen?)
wenn es etwas zu verstehen, etwas zu verinnerlichen gibt, dann die erkenntnis, die victor klemperer vor mehr als einem halben jahrhundert schon hatte, daß das ein arsen ist, das, täglich verabreicht, am ende unweigerlich tödlich sein wird.
ober okay:
ich schlage vor, wir richten eine kommission ein ...
sendetermine "Mankind" auf ZDInfo
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Nein, ein paar Punkte stimmen so nicht.
AntwortenLöschen1. Die digitale Boheme ist eine digitale Bourgeoisie ist eine digitale Boheme.
2. Auf Differentia wurde betont, dass von den Leuten, die Hass gegen Roth ausdrücken, einige nicht etwa eine Solidaritätsbotschaft zum Deich schicken, sondern hinfahren und helfen, oder von Zuhause Hilfe organisieren (ich denke an Sachspenden). Es war auf Twitter für mich auch klar ersichtlich, dass aus der eigentlichen digitalen Boheme Berlins (was eher nicht die Leute sind, die menschenverachtend unter Facebook-Fotos posten) einige nicht etwa den Solidaritätstweet abgesetzt haben, sondern hingefahren sind und z.B. stolz die Stapel selbst befüllter Sandsäcke fotografiert haben.
3. Wenn ich vorschlage, man müsse sich die Trolle persönlich anschauen, dann ignoriert das natürlich den Verwertungszusammenhang der Presse. Es zielt aber auf den echten Journalisten, der sich ehrlich fragt: Warum machen die das? Und darauf sind Antworten zu suchen, zu finden, und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten. Meine Hypothesen, was bei solchen "Forschungen" herauskommen würde, habe ich auch angedeutet: Die "Forscher" könnten "eine entsolidarisierte, antagonistische Konkurrenzgesellschaft" aus der Nähe erleben, die ihnen als (digitalen) Bourgeois' üblicherweise nicht begegnet.
Was ich in meinem Blog nicht getan habe, ist gleich die Handlungsmöglichkeiten mitzuliefern. Aber aus dem Erleben der antagonistischen Konkurrenzgesellschaft dürfte bei näherer Betrachtung nicht die Handlungsmöglichkeit entspringen, sich mal anzuhören, was die Trolle so zu sagen haben, oder festzustellen, dass die ja ganz nett sein können. Bei Handlungsmöglichkeiten muss es vielmehr um gesellschaftliche Teilhabe und Teilnahme gehen. Deren durchgängige Ermöglichung ist die Grundvoraussetzung für das Verschwinden der beschriebenen und beklagten Symptome der antagonistischen Konkurrenzgesellschaft.
Wenn es etwa - um mal bei der Metapher zu bleiben - Voraussetzung dafür ist, sich zu einem freundlichen Menschen zu entwickeln, dass einem als Kind hinreichend zugezwinkert wird, dann müssen wir ermöglichen, dass allen Kindern zugezwinkert wird. Das wird aber nicht geschehen, wenn die Eltern, Großeltern, Lehrer, werauchimmer ein tristes Leben ohne eine Spur von Selbstachtung führen, weil sie in der Konkurrenzgesellschaft irgendwo unter ferner liefen herauskommen, d.h. die gesellschaftlichen oder selbstdefinierten Erfolgsmarker nicht erreichen. Das Überforderungsgefühl, keine angemessene Arbeit zu haben, ständig rumgeschubst zu werden und auf Almosen angewiesen zu sein, provoziert auch ein Überforderungsgefühl im Umgang mit Kindern. Man will ihnen ja was bieten, und wenn man das nicht schafft, muss man (a) sich selbst hassen, (b) die Kinder hassen, oder (c) es egal werden lassen, d.h. die Kinder ignorieren. Dann gibt's aber auch nicht genug Augenzwinkern für glückliche Kinder, die später nicht im SpOn-Forum ihren Selbsthass als Hass gegen andere zu kompensieren versuchen.
Das war jetzt ein bisschen ins Unreine getippt, aber klärt hoffentlich auf, dass Du es bei mir nicht mit einem spinnert-idealistischen Bourgeois zu tun hast. Und warum ich nicht glaube, dass in die Foren zu gehen und die Trolle da zu bekämpfen etwas an den Ursachen des Trollens ändert. :-)