Samstag, 26. September 2015

na gut, das noch ...

ich war ja die woche extrem faul, was das posten angeht, aber ich habe eben auf reddit einen kommentar geschrieben, den ich aus mehererlei gründen hierher übernehme.

einerseits kann ich dann die ganzen typos entfernen. anderseits versuche ich, etwas grundsätzliches zu sagen und wiederum andererseits ist es voller kleiner links auf die filme von bernd fischerau, die ich eh mal hier posten wollte.

mein gesprächspartner (na gut, bei der länge des kommentars, ist er wohl gerade eher ein opfer meiner geschwätzigkeit) steht "rechts" und ich versuche, dem etwas überzeugendes entgegenzusetzen, was jenseits von "tit for tat" und "ich habe aber rääääächt" funktionieren soll.

ob, na mal gucken

Bitte mehr in dieser Art!
du weisst doch hoffentlich, wo wir hier sind, oder? poste ein bild von einem mann mit zopf, der über die straße geht und du kriegst 200 upvotes. poste was, worüber jemand ne sekunde nachdenken muss und ... bad karma.
aber okay, long read ...
wenn du offen deine Meinung als Rechter äußerst, ernähere dann, wenn du endlich eine gefunden hast damit dann mal eine Familie.
das ist zu allen zeiten so. als meine älteste kam, 85, da hattest du die selben probleme, wenn du ein langhaariger warst, der mit homecomputern herumspielte und sich einfach nicht an 9to5 anpassen wollte. in den 90ern hatte ich dann einen job, bei dem der chef akzeptieren musste, daß ich nicht ins büro kam und immer zuhause arbeitete. manchmal muss man hartnäckig verrückte ideen verfolgen und sich zur not ggfl. selbstständig machen.
Ich bereiste ...
ich bin 22 jahre lang immer an den selben ort in den franz. pyrenäen gefahren, ich spreche die sprache und verstehe die kulturellen unterschiede. über etwas drüber hoppen ist nicht mein ding. heute spreche ich nächtelang mit einer chinesin, wir sind uns dabei der interkulturellen mißverständnisse bewusst und loten sie aus: man projeziert zu leicht das "eigene" auf das "andere".
mit ihrem installierten System
das ist, wie alle systeme, nicht pefekt, aber ... naja, es hat uns das demokratischste und weltoffenste deutschland beschert, das ich kenne. wobei ich als (exil)saarländer da eh eher "französisiert" und als solcher geboren wurde (zeitlich, nicht faktisch). mein modell ist also eher deGaulle/adenauer und daß deGaulle "die amerikaner" nicht mochte, sollte sich rumgesprochen haben. "meine" amerikaner sind eh eher die hippies aus SF ende der 60er.
"radikal"
ws ist die "wurzel"? guck, ich bin seit 30 jahren programmierer, für mich gibt's imemr nur die frage "wie löse ich das?" ich jammere nicht rum, wer an was "schuld" ist, ich will, daß die damen an der kasse keine taste zu viel drücken müssen.
was ist also das problem? und wie kriegt man es so gelöst, daß am ende ein zustand von "harmonie" im sinne des daodejing erreicht werden kann? also herrschaft ohne zu herrschen, "wu wei".
die westlichen menschen sind so schrecklich hyperaktiv, jeder denkt, seine idee von einer lösung sei die, die er nur anderen überstülpen müsste und schon sei alles in butter. das problem: jeder hat einen anderen "weg" und jeder hat das recht seinen zu gehen, muss aber auch bereits sein, die verantwortung zu tragen - deshalb meine frage, wie du denkst, daß deine vorstellungen zu realisieren seien und mein hinweis, daß das letztlich nur mit gewalt geht.
wir kriegen dieses land nicht mehr "rassisch deutsch", wir selbst sind das ergebnis von assimilisation, in uns sind die römer, die goten (russen!), die kelten, die juden, die muslime. wir sind gemisch und dieses gemisch hat uns weiter gebracht. jedenfalls leben wir nicht mehr in baumhütten im wald ohne schrift und fürchten uns vor donar's blitzen.
das ist ein natürlicher prozess und am ende, sorry, ist viellezcht hart, wenn man sich als "rechts" versteht, werden wir eben "eine welt" sein und uns nicht mehr als zufälllige angehörige eines landes sondern als menschen, terraner, erdlinge verstehen.
diese sicht würde ich als "Links" und "nach vorne gerichtet" verstehen. wo willst du also mit deiner hin? territorial kontrollierte inzucht?
ich kann doch so wenig wie du dafür, daß ich in diesem land geboren bin, da kann ich mir nix drauf einbilden oder stolz drauf sein, daß mal vor xhundert jahren der oder der mal "deutsch" war. herrimhimmel, deutsch war vor 170 jahren noch ein gemisch aus kleinsten ländereien, die alle ihre eigenen kulturen hatten. ich weiss wirklich nicht, an welchen punkt der vergangenheit es uns ziehen sollte und gucke lieber nach vorne.
Zu einem Deutschland, dass nicht von Leuten regiert wird, die statt dem Volk nur Lobbyisten dienen, sich an ihm bereichern, statt ihm zu helfen. Deutsche Werte und Kultur zu schützen und zu erhalten, weg von dem Schuldkult.
pht, das wird jetzt schwierig: also, verabschiede dich mal von der idee, daß der affe mensch zu diesem zeitpunkt in zeit und raum was besseres hinkriegt. der ist gierig und selbst wenn 90% der leute konstruktiv und fair zusammen arbeiten würden, gäb's immer noch die 10% arschlöcher, die das ausnutzen würden. das hat nichts mit unserer verfasstheit zu tun, das ist eben der mensch und seine schwächen. ich kann nichts und niemanden, keinen ort und keine idee sehen, die irgendwas besser hinbekäme, und wenn mir jemand sagt: "halt, da ist ..." dann denke ich: "ja, gib dich nur illusionen hin, aber hör auf, mir das aufzuschwatzen"-.
gibt es nicht, da bin ich wahrscheinlich "rechter" als du.
was die "schuldkultur" angeht: meine gesprächspartnerin und herrin der tee zeremonie (hihi) und ich sind uns an diesem punkt vollkommen einig: "schuld" ist BULLSHIT. es gibt nur "verantwortung für etwas".
ich würde mich auch entschiedendst (sic!) weigern, die schuld für die leute mit zu tragen, die meinen großvater, mitglied der vitus heller bewegung, christliche gewerkschaftler, die 33 gegen den anschluss ans reich mit "heim ins reich. aber nicht gleich!" den adolf aussitzen wollten, ins kz gesteckt haben, weil er zu 7% dissidenten gehörte.
es gibt in diesem land die nachfahren der täter und der opfer. alle starren auf die täter, im guten wie im schlechten. und natürlich gibt es opfer unterschiedlicher kategorie, natürlich gibt es eine "holocaustindustrie", natürlich gibt es tabus, philosemitismus, der so verabscheuungswürdig ist wie der antisemtismus, natürlich gibt es dem phänomen des NSsystems gegenüber unverständnis, weil die leute sich immer noch genieren, einem schwarzmagier auf den leim gegangen zu sein ... alles richtig.
aber mal im ernst: was schert mich das? "andererleuteproblemfeld" ... dinge haben immer nur die bedeutung, die wir ihnen geben, so einfach ist das. wenn ich mich darauf fokussiere, die probleme die andere haben, zu meinen zu machen, dann bin ich halt deren sklave.
Deutsche Werte und Kultur
ich könnte jetzt einen VW witz machen, lass es aber mal.
ich erzähl lieber mal, wie das ist, wenn frau wang und ich tee trinken. die spricht ein wunderbares deutsch, das ich "pflege", sprich, ich korrigiere und erweitere es um begriffe, die wahrscheinlich niemand mehr wirklich verwendet. dann erkläre ich (manchmal schrecklich ausufernd) woher sie kommen, was sie bedeuten, wie man sie verwendet ... ich vermittele also einerseits genau das, was du meinst: deutsche kultur. und während ich das tue, werde ich mir selbst auch wieder bewusst, was das schöne an unserer sprache ist. nun sind uns chinesen sehr nahe im verstehen der welt, sie lieben "das deutsche". für sie ist es aber nichts, was "abgrenzt", es ist eine "bereicherung" und so möchte ich das auch verstanden wissen.
mach dir also mal weniger sorgen um den verlust der identität, nichts wird verloren gehen, es "geht auf in" etwas größerem, das wir bloß noch nicht sehen.
es ist auch wunderbar, diese begriffe dann gespiegelt zu sehen, zu begreifen, wo die unterschiede sind und wie das "andere" das "eigene" bereichert.
und das ist in etwa das, was ich dem, was mir an deiner perspektive fehlt: du möchtest zurück ... ich möchte nach vorne. du willst ich abgrenzen, ich will mich erweitern.
So eine komplexe Frage möchte ich hier jetzt ungern ausführen
ich will ja auch gar keine ausführung, ich habe diesen ball aufs feld geschossen, damit darüber nachgedacht werden kann. weil, in der konsequenz gibt es nur einen einzigen weg: den, anderen gewalt anzutun.
Ich sehe das genau andersherum.
was dein gutes recht an dem punkt, an dem du dich in deiner persönlichen entwicklung befindest. du solltest halt kurz drüber nachdenken, daß das nicht der endpunkt ist und du am ende nur die toleranz bekommen wirst, die du selbst bereit bist anderen zu geben.
Da vergisst du aber einige Taten von Friedrich dem Großen und Bismarck!
ah, fredericus rex, der uns das "leben und leben lassen" beschert hat, die hugenotten aufnahm, assimilierte und damit seinem halb russischen völkchen den kulturkick gab, der es dann groß machte. der, der diese seltsame ausländische frucht aus fernen landen anpflanzen liess, mit der er sein völkchen dann fütterte??? ja, coole sau. stockschwul, großartiger musiker, toller gesprächspartner für französische philosophen, bruder im geiste :-D
über bismark kann man trefflich streiten. ich bin da im moment eher auf dem punkt, den bernd fischerau in "reichsgründung" und "die nervöse großmacht" setzt, vor allem den anfang von "reichsgründung" liebe ich, bismark am meer im sonnenuntergang verabschiedet sich pathetisch von seiner polnischen geliebten und sitzt 5 minuten später am familientisch, wo ihn alle nicht sonderlich ernst nehmen ...
die reihe von fischerau, der ein sehr konservativer zeitgenosse mit einem gerüttelt maß an verachtung für die SPD ist, schildert furios den weg von 1870 bis 1932 und ... das hat bei mir jubel ausgelöst ... wird wohl in zukunft als unterrichtsmaterial eingesetzt.
ich könnte mir vorstellen, daß du diese dinge mit großem vergnügen geniessen wirst, denn, wie gesagt, fischerau ist nicht "links", er ist "konservativ", seine helden sind denn auch eher rathenau, erzberger und (der von mir heiss verehrte) harry graf kessler ...
viel stoff, viel text, ich hoffe, es hilft dir beim komplexeren verständnis ;-)

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