Sonntag, 25. August 2013

ooops, erwischt ...

mist. da denkst du mal einen kleinen moment "ja, kannst du ruhig posten, merkt eh kein schwein", legst in feierlaune einen text aus, unter dessen gewicht jeder zusammenbrechen muss, dem nicht von anfang an klar ist, wo der spaß liegt und es schon gar nicht bis zu paul krassner schafft (und damit die besten witze verpasst) ... und ...

dann wunderst dich dann am nächsten tag, daß offensichtlich eine nicht mindere horde von menschen sich genau durch diesen text gefressen haben könnte und du plözlich kommentare beantworten musst. was ja, in sich schon ungewohnt ist, aber dann taumelst du am ende eines relativ kurzen weges in einen anderen blog ...

und da sitzt dann jemand, der offensichtlich ein paar dinge verstanden und bemerkt hat, von denen du vielleicht gehofft hast, daß sowas "nie nicht" passiert und du bis zum ende deiner tage auf einer insel hocken und sagen kannst, was immer dir so in den sinn kommt.

und dann das da ...



oki, ich wechsele mal schnell wieder vom "du" in's "ich", und nutze die wirklich freundliche kritik für eins, zwei elfmeter ... natürlich werde ich mal wieder haarscharf am tor vorbeischiessen, du kennst das, aber ...

wow, ich bin ein bißchen geplättet und wie ein mensch meiner, präziser _unserer_ generation eben darauf reagiert, daß ihm jemand sagt, daß er das, was man gerade gesagt hat, für bemerkens- und bedenkenswert hält, das es ihn berührt hat ...

voller scham und der unfähigkeit, das kompliment als solches unkompliziert einzustecken. ;-)

womit ich, für meine gewohnheiten, den ball unkompliziert und ohne langes herumtaumeln auf den punkt gelegt habe und jetzt mal kurz kräftig dagegentrete:

ich, ich, ich ...

es hat mich, liebe claufia, zunächst einmal überrascht, wie präzise du genau auf die punkte kommst, von denen ich immer dachte: das merkt kein schwein ... und wenn, wird er es missverstehen.

deutsche unserer generation reden nicht über sich.

die reden über dinge. möglichst abstrakte.

das "ich" ist so was befremdliches, es schmeckt immer nach "mein haus, mein auto, mein kaninchenzuchtverein". "das sagen nur die, die keine scham besitzen", sich so in den mittelpunkt zu stellen und damit ... die regeln des spiels ... sich natürlich der vielleicht am anfang gefälligen aufmerksamkeit - dann aber im dümmsten falle des wachsenden spotts aussetzen. kill your idols. wir lieben das.

außer wir stehen nackt auf dem tisch und unten setzt ernüchterung ein.

wir sind aber nun mal schamgetriebene. wir wollen nicht auf den tisch. wir wollen lieber unten stehen.

es kostet mich also, das als "präambel" dieses quasi FAQs zu diesem blog, im grunde eigentlich ziemlich überwindung, das "ich" zu benutzen. auf meinem radioblog habe ich jedenfalls, als ich die sendungen noch zu einem text "komponierte", es tunlichst vermieden, meinem "ich" freien lauf zu lassen.

hier lasse ich es auf rosnante steigen und durch die pampas jagen

weil, mal ehrlich, was hat man denn in dem ganzen chor der stimmen anderes beizutragen, als das, was man selbst ist, denkt, tut und getan hat? klar, man kann sich zurücknehmen und abstrakt über eine sache diskutieren, immer schön gedeckt von der sache selbst.

aber, und das ist das problem und du hast es bemerkt: das tun alle.

weil wir eine schamgrenze haben.

angst davor, uns zu blamieren, weil wir mal wieder einen saudoofen gedanken haben, für den es einfach kein zustimmendes feedback gibt ... manchmal schlicht deshalb, weil ihn eben niemand anderes so gedacht und artikuliert hat. es wäre dann _unser_ eigener und wir bräuchten nur den mut, mal kurz die hose runterzulassen, auf den tisch zu klettern und ...

aber, das ist das problem: wir trauen uns das nicht.

also besteht die kommunikation im wesentlichen auf der abstimmung darüber, welchen gedanken man teilt oder eben nicht. die verrückten kleinen bastarde behalten wir man lieber für uns.

es könnte ja jemand lachen und ... naja ... gehen wir lieber mal auf nummer sicher.

wir bemerken derweil nicht, wie deutsch das ist.

ich weiss nicht, ob das in anderen ländern anders ist, aber ich bemerke bei "uns" zb. auch ein phänomen, mit dem ich ganz gut leben kann: es wird nicht goutiert, wenn man sagt: "ich mache das seit ..."

die, die das erst "seit (plus)" machen, mögen es nicht, dabei ertappt zu werden, daß sie "erst" ...

das macht das "ich" um so schwerer.

du hast messerscharf bemerkt, daß "wir" nicht über "uns" und unsere erfahrungen, unsere träume, unsere ideale reden, also über die dinge "unserer generation". inclusive aller kleinen schändlichkeiten und ausserkörperlichen erfahrungen ...

für mich kommt diese differenz auch daher, daß die, die nicht träumen und "idealen" per se misstrauen (dabei hätten doch wir die generation sein müssen, die beides verwirft als erfahrungswert der elterngeneration, was die uns aber glücklicherweise abgenommen hat) die, das war ja auch der tenor der letzten tage, ihr heil in der kraft der abstrakten argumentation und zur not auch des beweises durch einen wikipedia artikel suchen.

dumm bloß: denen gehört das netz ;-)

was ja auch okay ist, damit habe ich auch kein problem, weil, naja, ich weiss nicht wozu das alles gut ist, ich verstehe das bloß noch nicht. die "weisheiten", die ich mir in 25 jahren mit kleinen kisten mit kassettenrecordern oder cfos-treibern, die man zwischen dos und windows klemmen musste, um einem isdn telefon vorzugaukeln, es sei ein modem ... diese "weisheiten" sind nutzloser alter kram, und daß man vor 20 jahren schon gelernt hat, wie das ist in einen flamewar verwickelt zu werden und sich noch dafür genierte, daß man morgens als erstes emails las ... also eine banale erfahrung für den jetzt aktiven internet nutzer.

geschichten aus verdun halt, peinlich, peinlich, peinlich.

es verdirbt denen die laune, die gerade zum xten mal den schützengraben neu erfunden haben. macht man nicht. man erwähnt auch nicht, daß es acidschluckende und kiffende hippies waren, die dieses teil, in dem sie sich tummeln, "erfunden" und codiert haben, daß die vorzüge, die sie geniessen, purer hippiekram ist, sharing.

das ist so was von uncool.

meine stieftochter zb. meinte, "die story mit den raketen und so ..." müsse sie sich gefühlt 2 mal die woche anhören und meine eigenen stoßen vorm aufwachen wwahrscheinlich schon ihr erstes "keine pillen & kein pulver" aus ...

uncool? zu blöd, mir ist das egal.

ich dachte immer, das wäre sozusagen unsere aufgabe als eltern.

überhaupt, was ist denn "cool"?

ich bin da mit einem chor von geschnatter konfrontiert, in dem ich im ersten moment mein gegenüber nicht mehr per se in einem klaren kontext habe: der ist im netz, der kann nur ein netter sein, weil vor 20 jahren waren ja alle nette ... ich kann auch nicht mehr per se nachvollziehen, ob mein gegenüber etwas weiss oder es nur gerade bei wikipedia nachgeguckt hat. oder gegoogelt.

ich bin auch damit konfrontiert, daß die kommunikation ja nicht dem gespräch dient, sondern dem ablassen von frust, dem setzen einer duftmarke oder markieren eines reviers und das gegenüber einfach nur dampf ablassen muss. aß der asholism-cult zunehmend regiert, weil es einfach ist, sich als arschloch aufzuführen statt sich mühe zu geben.

"mühe geben" ist so was von "out" ...

oder - ich bin entzückt, daß du die selbe spielwiese wie ich bespielst - sich eben kleine reservate ausserhalb des planeten vernunft bastelt, wo er dann jeden wahnsinn, der ihn umtreibt endlich mal rauslassen kann und ... juchu! ... endlich gleichgesinnte und verwandte seelen findet.

da kann man nur nüchtern draufgucken, bemerken, daß sich dieses "neuland" innerhalb des letzten jahrzehnts rasant verändert hat und sich fragen, wann "die" eintritt verlangen ... also die, die jetzt die netiquette neuschreiben und deren schamgrenzn zum teil sicher höher sind.

die ernst genommen werden möchten.weil sie sich selbst ernst nehmen.

was ja in sich okay ist, aber ich hatte schon immer eine tendenz, mir einen ungeliebten lehrer auf dem abort mit magenverstimmung vorzustellen ... jungfraueneburten sind auch aus der mode gekommen und wir werden jetzt halt von netten aber besorgten nannies betreut.

als nächstes fragt man sich, ob man da mitspielen und dazugehören will.

als ich mit dem blog anfing, weil mir das kommentarlose dokumentieren des täglichen wasserstands auf www.tv3.de zu dröge wurde, das herumvagabundieren in fremden foren als pure zeitverschwendung und kostenloses zuarbeiten für deren inhaber, wollte ich einfach einen ort, an dem ich rumspinnen kann und an dem es mir egal ist, was jetzt irgendeine community davon amüsant findet oder nicht.

es sollte jedenfalls "respektlos" sein wie der auf die dauer ermüdende vorläufer. ich bin da sprachlich eher bukowski und burroughs zugeneigt - montaigne,.umberto eco oder die bloggerväter restif de bretonne, harry graf kessler oder samuel pepys pur ist auf dauer für einen programmierer nicht durchzuhalten.

ach ja, falls du in dem letzten satz ostereier entdeckt hast ... darum gehts ...

blog war da schon altbacken. weit ab vom schuss. zu lang für menschen, die mit 142 zeichen auskommen.

da ich gerne durch texte taumele und mich dabei dem spontanen gedanken überlasse, ist die gefahr insgesamt, jemals zur wohlgeordneten, sich kohärent und offensichtlich artikulierenden gemeinde zu hören, gering. es ist sicher kein spaß, von der "gedankenautobahn" aus, an dem wir tag für tag an den täglichen sehenswürdigkeiten vorbeirasen und uns für informiert halten, auf meinen blog zu gucken und auch nur den anflug von "sinn" zu entdecken.

das finde ich eigentlich ganz okay so.

ich denke mir halt, die anderen erzählen ihren kram, ich erzähle meinen.

mal gucken, was bestand hat.

die vierhunderttausendste diskussion über böse amerikaner und die ganzen spione ... oder ein vollkommen bescheuerter gedanke darüber, ob es sich beim krahloch festival oder woodstock um so etwas wie zeitgemäße varianten des hambsbacher festes handelt. keine ahnung, aber bei dem letzten gedanken und ähnlichen weiss ich wenigstens, daß sie "mein mond" sind, wie esther vilar im gespräch mit alice schwarzer so schön sagt.

ich wollte meinen eigenen mond. einfache sache.

einen, auf dem wolfgang neuss könig ist ...

dann gab's in diesem blog eine längere pause, die wiederaufnahme und dann den moment, an dem ich eigentlich komplett "ausgetickt" bin, das war der artikel vom musikpiraten "fickt euch ihr verdammten ficker", in den ich innerlich irgendwie "einstimmte": ja, verdammt, das ist mein mond und ich rede jetzt über musik und den ganzen hippiekram.

das wurde dann ja ein insgesamt interessanter monat ;-)

und das ist es, wo ich jetzt bin ...

offen gestanden: nichts zu verlieren und keine zeit zu verschwenden an sauhatzen durch irgendwelche dörfer.

ich bin eher interessiert an jemanden, der einen eigenen gedanken entwickeln kann und nicht mitläuft. oder eben in seine eigene richtung, seinen eigenen mond.

ich weiss nicht, wo die "anderen" sind, irgendwo beim drängeln in eine konsensuelle mitte, einem kuscheligen ort, an dem die welt noch in ordnung ist und man selbst die deutungsmacht hat.

lena hat mit ihrem artikel eben die erkenntnis artikuliert, daß "die wirklichkeit" da draussen eben eine andere ist.

ich denke, das problem ist, daß wir nicht unsere eigene schaffen stattdessen darüber jammern, daß die der anderen uns erdrückt. und, daß wir, obwohl wir es aus _erfahrung_ besser wissen müssten, immer noch nicht verstehen, daß am ende die verrückteste idee "gewinnt".

unsere vorstellung von dem, was kommt, kann gar nicht verrückt genug sein.

deshalb diese diskussion zwischen leary, wilson krassner ...

das sind dinge, über die diese "verrückten" schon in den 70ern geredet haben.

und, was interessiert uns?

was kai diekmann aus der wüste mitbringt ..

hoffentlich hat der kerl da pilze eingeworfen ...

in diesem sinne, liebe grüße aus der tiefsten eifel und noch mal danke für die freundliche kritik.

viel spaß beim taumeln durch den blog.

ich werd' jetzt aber weiter so tun, als würde niemand lesen und weiter schreiben, was mir halt so einfällt.

2 Kommentare:

  1. Hallo Hardy,

    meinerseits danke für diese umfangreiche Resonanz inkl. deiner persönlichen Blog-Geschichte! :-)

    (Ich hätt ja Vorschläge, wie du dein Blog für Lesende ein wenig besser "zugänglich" machen könntest - nix Aufwändiges!)

    In diesem Posting sind wiederum Anregungen und Inspirationen, die ich grad gar nicht "abarbeiten" kann - aber ich komme gerne wieder, mir mehr Zeit und Muße.

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  2. [...] umfangreich

    vom höckchen zum stöcken. ausschweifend. abschweifend. taumelnd.

    [..] vorschläge

    laß dich nicht abhalten. meine eigentliche email adresse findest du unter "feedback" hier

    http://www.tv3.de/medienverlag/news-aus-radio-und-presse.html

    wobei du da unbedingt tvdrei.de für noscript freigeben musst ...

    das wäre der nüchterne, geordnete und schweigsame teil, der aber auch in einer nische stattfindet. ich habe nach fast 7 jahren keinen blassen schimmer, wieviel leute das besuchen, und werde "patti" das auch sicher nie fragen ;-)

    [..] abarbeiten

    bitte nicht abarbeiten. es läuft ja nicht weg und es ist, habe ich heute nacht zu meinem entsetzen festgestellt, eine menge und nicht wirklich alles ist "gelungen". ich kann mich halt schwer zügeln und wenn man das gefühl hat, daß die menge derer, die sich drüber aufregen könnte, begrenzt ist, wird man halt "ungeniert" ...

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