Blog Honig

Mittwoch, 8. Juli 2015

aus den archiven: kunstkopfstereophonie

weil gerade bei klaus an den elektrolurch von guru guru erinnert wurde und eh sonst nichts bemerkenswertes in der welt passiert ... ausser diesem "this is the end of the world (as we knew it)" in permanent dringlicher stetigkeit, an das man sich als hintergrundrauschen so langsam gewöhnt haben dürfte ... warum nicht in die vergangenheit gucken, wenn die zukunft so unspannend geworden zu sein scheint ...

also fiel mir ein, daß ich in den 80ern ab und an mit sennheiser kunstkopfmikros und einem hervorragenden sony recorder bewaffnet in dem einen oder anderen konzert "den kopf hinhalten" musste, sprich an einer guten stelle für anderthalb stunden still stehen und ihn möglichst nicht bewegen durfte. bei dem recorder, den man einigermaßen bequem in die jacke stecken konnte, dürfte es sich wohl um dieses modell gehandelt haben


sozusagen ein "walkman" bevor es den "walkman" als solchen gab, eher ein profiteil - nein, es gehörte nicht mir, ich war immer eher so der "ich geb' maximal 250 mark für so was aus" typ. aber halt der, der anderthalb stunden den kopf gerade halten konnte.

dabei herausgekommen sind ein paar kleine schätze, von denen ich heute mal zwei fitzelchen auf youtube gestellt habe


alexis korner zb. gehört defitiv zu den musikern, denen schon immer mein herz gehörte, und wenn du led zeppelin oder die rolling stones magst ... sag' danke, alexis, denn er hat sie sozusagen "ausgebildet". er ist einer der beiden felsen, auf die die britische rockmusik gebaut ist, der, dem man mal den stempel "vater des weissen blues" aufdrückte. als er 1981 sozusagen "vor meiner haustür" in sulzbach spielte, gab's also kein halten mehr - und daß er colin hodgkinson mitbrachte, war die kirsche auf der sahnetorte, denn der wiederum war als bassist der jazzrockband back doors zu ruhm gekommen, weil er seinen bass wie eine gitarre zu spielen gewohnt war, also nicht als begleitinstrument im hintergrund sondern als leadgitarre.



kurzum ein leckerbissen, ein jugendtraum, etwas, wovon ich hinterher unbedingt etwas bleibendes und nicht nur die erinnerung haben wollte. lustig in so einer situation sind dann natürlich nette mädels, die sich wundern, warum man kopfhörer auf hat und natürlich fragen müssen - während man händeringend versucht, den liebgemeinten annäherungsversuch abzuwehren ...


ax genrich ist auch so einer, dessen namen ich damals nur hören musste, um ganz schnell in die hufe zu kommen, nicht nur weil er mit uli trepte und mani neumeier die urformation der krautrocker guru guru formierte, sondern auch wegen der "highdelberg", die ua. fast die vollständige kraan mannschaft plus (bonus!) moebius & roedelius (cluster) versammelte. wenn man früh auf diese musik, auf can, amon düül II, neu und den ganzen anderen krautrock stoff stand, du ahnst es, die kirsche auf der torte, aber so was von ...

nur, oooops, RIF war kein krautrock, es war - punkrock hatte eben die nachfrage nach komplexem kram weggeputzt - eher rock'n'roll mit deutschen texten, was damals, vor ort, schon ein klitzekleines bißchen eine enttäuschung war ... aber wie das so ist, mit dingen, die man regelmäßig aus dem regal zieht, um sie noch mal zu hören, die aufnahme wuchs mir mit jedem hören mehr ans herz ... und das stück, das ich auf youtube gelegt habe, hat ja durchaus ein paar abgespacete elemente.

aus der kneipe, rumpelstilzchen, direkt neben dem festivalgelände von 1980, existiert auch eine aufnahme eines "dein kopf ist ein schlafendes auto" konzerts von roman bunka, von dem mit sicherheit in absehbarer zeit auch ein fitzelchen auf youtube landen wird.
Mitsommernacht-Festival, Lebach 1980
auf den nächsten photos hat sich die unterhose in luft aufgelöst ...
festivals waren damals eben noch kleine intime orte, auf denen menschen ungezwungen herumexperimentierten und gelegentlich südamerikanische kakteen zu sich namen, die sich mit der gespielten musik gut vertrugen ;-)

na gut, das ist sicher nicht so spannend, wie die selfies, die man heute von sich machen kann mit ein paar zigtausend leuten vor der rock am ring bühne, wo die musik sich eher mit deutschen gerstensäften vertragen dürfte und die menge, die sich dort tummelt, wohl auch eher dem experimentellen wagnis abträglich sein dürfte.

keine ahnung, ob die leute dort so entspannt sind, wie diese hier




hinterwäldlerische deadheads unter sich eben, die wohl heute noch weitgehend so entspannt sein dürften, auf einem kleinen festival, die heute ab und beim song "when i'm 64" denken "oh, ist ja bald soweit" und sich wundern, wie schnell doch die zeit vergeht, wenn man sich nicht langweilt.

ach, der elektrolurch ("Gestatten, hier spricht der Elektrolurch. Ich wohne in der Lüsterklemme neben dem Hauptzähler. Ich sorge für Euren Saft. Volt, Watt, Ampere, Ohm Ohne mich gibt's keinen Strom.") ... der endet abrupt mit der frage "und: was macht ihr, wenn ihr einmal alt seid?" ... ich weiss es, herr lehrer - der mani & der ax, die machen immer noch musik, was denn auch sonst, sie haben ja nicht "nützliches" wie buchhaltung gelernt, die müssen jetzt spielen, bis sie tot auf der bühne umfallen. und wenn der strom ausfällt, dann eben "unplugged" weitermachen

und ehrlich? ich find's großartig.

krautrock war immer diese art "gespräch auf der bühne", musiker, die musik um der musik willen gemacht haben, die lernen wollten und mit menschen aus aller welt auf der bühne oder am straßenrand "gesprochen" haben wie embryo zb. die so wenig die top ten kratzten wie guru guru oder amon düül II, wunderbare verlierer und ... großartige vorbilder für eine haltung, die mehr freiheit verspricht, als das der monatliche scheck einer plattenfirma oder die apple-tantiemen vielleicht versprechen. an solche dinge glaubte man ja seit dem ende der 80er, als die yuppies, maggie thatcher und ronald reagan über die welt herfielen und sie sich untertan machten.

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