Da die Schätze unter der
Erde, genau wie die über der Erde Eigentum der Fürsten waren, wurde auch hier
wieder kassiert. Eine einzige Ausnahme wurde hier beim Kloster Wadgassen
gemacht, welches die Abgabe einmal verweigert hatte und es zum Prozess darüber
kommen lies. Bei einem Vergleich am Gericht wurde dem Kloster Wadgassen das
Recht zuerkannt, die Grube Hostenbach in eigener Regie zu betreiben. So kam es,
dass die Grube Hostenbach die einzige Privatgrube geblieben ist.
Die Rechte der Untertanen
Sehen wir einmal
von den wenigen freien Menschen in der Stadt ab, so gab es in der Grafschaft
Saarbrücken und auf dem Lande nur Leibeigene. Auf ihren Schultern waren soviele
Lasten gelegt, dass man von ihren Rechten kaum zu sprechen wagt.
Die
Bürger und Hintersassen, letzte auch "Schirmer" genannt, hatten es da schon
besser. Als Bürger wurde nur der anerkannt, der ein eigenes Haus besass, Land
hatte und in der Lage war, 2 Florin jährlich als Steuer zu bezahlen. Die
Hintersassen hatten keinerlei bürgerliche Recht, standen aber unter dem Schutz
des Grafen und mussten dafür jährlich 6 Floren "Schirmgeld" an den Grafen
bezahlen.
Nach all den bereits kurz angerissenen Pflichten bzw. Steuern
der Bürger ist nun von ihren Rechten zu sprechen, wobei weiss Gott nicht mehr
viel übriggeblieben ist. Neben dem Schutz der Person und des Eigentums, den der
Fürst seinen Untertanen gnädig gewährte, hatte der leibeigene Bürger, nicht
jedoch der Hintersasse, den Anspruch, sein Vieh auf den Weiden des Fürsten zu
lassen, sowie einen Anspruch auf eine gewisse Menge Holz aus dem fürstlichen
Wald, das sog. "Beholzigungsrecht".
Beide Gerechtigkeiten schienen sich
die ersten Rittenhofener Bauern, die bereits erwähnten Sebastian Türk (oder
Durich, wie er im allgemeinen genannt wurde (Hans von Rittenhofen) und dessen
Schwiegersohn, mein Vorfahr Sebastian Rupp (auch Reub, Reuppe geschrieben),
erstritten zu haben bei Kauf des Rittenhofer Bannes. Bei einem Rechtsstreit im
Jahre 1696 nämlich räumten beide dem Prozessgegner Jakob Kuhn aus Kölln die
Befugnis ein, sein Vieh mit dem ihrigen in gemeinsamer Herde zur Weide zu
treiben und zwar ausserhalb der "ohngeblümten" äcker ihres Eigentums, in den
"ohnbehängten" Wäldern der Grafschaft nämlich. Dieser Passus deutet an, dass die
Gräfin Eleonore Klara beim Verkauf der Ländereien an die beiden ersten
Rittenhofer Bauern diesen die Erlaubnis erteilte, ihr Vieh in den gräflichen
Waldungen weiden zu lassen. "Ohngeblümt" bedeutete dabei offensichtlich, dass
diese Land brachlag.
Zu diesen Weydgerechtigkeiten und dem
Beholzigungsrecht scheint später zur Zeit der Herrschaft des Grafen Wilhelm
Heinrich noch das Recht des Deputatkohlenbezugs hinzugekommen zu sein.
Zur Vorgeschichte des "Köllertaler Waldprozesses"
Die Köllertaler Bauern scheinen seit eh und je streitbare Männer
gewesen zu sein, obwohl in früheren Jahrhunderten von den Gräfinen Mathilde,
Elisabeth von Lothringen und später auch von der leidgeprüften Eleonore Klara
diesen Bauern bescheinigt wurde, die treuesten Untertanen der Saarbrücker
Grafschaft zu sein.
Es musste denselben also im Laufe der Zeit grosses
Unrecht zugefügt worden sein, denn etwas anderes ist nicht denkbar, was zu der
Rebellion hätte führen können, von der jetzt die Rede sein soll.
Durch
die aufwendige Hofhaltung der letzten Saarbrücker Grafen und deren gewagte
finanziellen Spekulationen, die eine ewige "Ebbe" in der Renteykasse
begründeten, verfiel man in Anbetracht der Tatsache, dass neue steuerliche
Belastungen den Untertanen nicht mehr zuzumuten waren, auf die Idee, den
Köllertaler Bauern das Waldrecht zu beschneiden und das anfallende Nutzholz zu
verpfänden, um so flüssig werden zu können.
Salomon Alexander, ein aus
Buchsweiler im Elsass stammender Jude und dessen Bruder Samuel betrieben damals
zusammen das Fischbacher Eisenwerk und den Scheidter Hammer. Fürst Wilhelm
Heinrich nahm oft, wenn er wieder knapp bei Kasse war, die Hilfe des Salomon
Alexander in Anspruch. So vermittelte Alexander einmal einen Betrag von 50.000
französischen Livres in barem Geld und noch einmal den gleichen Betrag in
Juwelen bei dem Bankier Witterstein in Metz, wie eine Urkunde im Staatsarchiv
Koblenz (Abtl. 22 / 5035-37) erzählt.
Da die Geldnöte der gräflichen
Rentkammer jedoch immer grösser wurden, kam man schliesslich auf den oben
bereits angedeuteten Gedanken, Holz aus den gräflichen Staatsforsten zu
verpfänden. Deshalb wurde am 27. Mai 1763 durch fürstliche Erlaubnis 50.000
Klafter Holz an Salomon Alexander veräussert, die dieser jedoch selbst innerhalb
von zehn Jahren schlagen lassen musste. Der Erlös für dieses Geschäft betrug 150
000 frz. Livres.
Am 24. Dezember 1764 kam ein weiterer Holzverkauf von
60.000 Klafter zustande, für den Alexander noch ein Darlehen in Höhe von 100.000
Livres geben musste. Am 10. September des folgenden Jahres wiederholte sich das
Geschäft, diesmal mit 12.000 Eichenstämmen. Der Preis wurde mit 3.5000 franz.
Louis d'Or … 24 Livres, d.h. 84.000 Livres vereinbart, zu zahlen in vier
Wechseln, die in vier aufeinanderfolgenden Jahren fällig
wurden.
überraschenderweise wurden alle drei Holzkontrakte am 19. März
1767 aufgehoben, ohne dass aus den Akten die Gründe dafür ersichtlich wären.
Entweder hatte man sich das so dringend benötigte Geld an der Rentkammer
beschafft oder aber es stand überhaupt nicht mehr soviel schlagbares Holz in den
gräflichen Waldungen zur Verfügung. Jedenfalls verzichtete Salomon Alexander auf
das noch nicht geschlagene Holz und die Rentkammer vergütete ihm pro nicht
geschlagenen Klafter Holz vier Livres. Bezahlt aber hatte er dafür nur drei
Livres, teilweise nur 1,66 Livres, ein einträgliches Geschäft also. Weiterhin
offen standen jedoch die von der gräflichen Rentkammer dem Alexander geliehenen
Wechsel in Höhe von 230.000 Lives.
Wie hatte sich die gräfliche
Rentkammer bloss auf solch gewagte Wechsel- und Geldgeschäfte einlassen können?
Wilhelm Heinrich war in dieser Hinsicht von seinen persönlichen Referenten
gewarnt worden. Er hatte jedoch bei seiner leichtsinnigen Lebensauffassung alle
Warnungen in den Wind geschlagen.
Bei der Verteilung der Schulden im
Erbvertrag von 1735 waren auf die saarländischen Lande 205.258 Floren gefallen.
Bei seinem Regierungsantritt 1741 war der Betrag auf 183.300 Floren gesunken,
aber bei seinem Tod hatte das Land plötzlich eine Schuldenlast von 1.891.740
Floren zu begleichen, fast das Zehnfache der ursprünglichen Schuld innerhalb von
27 Jahren Herrschaft.
Diese Summe wird erst dann in vollem Umfange
messbar, wenn man ihr die Einnahmen und die festen Ausgaben gegenüberstellt: Die
Einnahmen des Jahres 1769 aus sämtlichen ämtern und Oberämtern von
NassauSaarbrücken 278.550 Floren. Davon wurden für die erheblich eingeschränkte
Hofhaltung des jungen Fürsten Ludwig und die gesamte Landesverwaltung 151.258
Floren benötigt. 81.776 Floren verschlang der Schuldendienst und nur 45.516
Floren blieben für die Tilgung der Kapitalrückzahlungen übrig.
Für die
leichtfertige Art, mit der Wilhelm Heinrich das Geld verplemperte, hier ein
Beispiel: Der Judt Hirtz Beer, eine Elsässer, soll mir ein par brilliand
Schueschnallen machen lassen, so wie er mir das Muster davon zeigte. Die
Brilianden sollen schön sein. Davor soll ihm von der Rentcamer ein Assignation
gegeben werden von 6.000 Gulden welche dergestalten bezahlt sollen werden, dass
alle Jahr ein Dausend Reichstaler damit solche in Zeit vier Jahre bezahlt sein,
nebss fünf procente alle Jahr.
So ein Schreiben des Wilhelm Heinrich vom
6. September 1751. Seine Enkeltochter Louise, die Tochter seines Sohnes Ludwig,
des letzten der Dynastie der Saarbrücker Grafen, die ihren Grossvater allerdings
nicht persönlich kannte, schreibt im Jahre 1819: "Mein Grossvater war seinem
Bilde nach ein sehr schöner Mann, dabei höchst geistvoll aber heftig sinnlich,
jedoch ein Vater seiner Untertanen." Sie fügt dann einige Bemerkungen über die
grosse Zahl seiner Geliebten an.
Vielleicht spielt darauf auch Goethe in
seinem Buch "Dichtung und Wahrheit" an, wie Alwin Zirkler in seinem Bericht
"Goethes Saarbrücker Reise im Juni 1770" beschreibt (in: Zeitschrift für die
Geschichte der Saargegend 8/1958). ähnliches findet sich auch in der
"Gottliebchen Chronik zum Jahre 1768". Goethe schreibt in dem erwähnten Buch,
das genussreiche Leben des vorigen Fürsten gäbe Stoff genug zur Unterhaltung.
Aus der Mätressengeschichte des Fürsten ergab sich der Konflikt mit dem
Saarbrücker Pfarrer Beltzer, in dessen Verlauf der Geistliche auf eine andere
Pfarrstelle in das Oberamt Harskirchen abgeschoben wurde.
Schmunzelnd
liest man auch die von Karl Lohmeyer in seinem Buch über Stengel überlieferte
Anekdote vom blauen Kleid, das der Fürst einst von einer Reise nach Paris jeder
seiner Geliebten mitgebracht hat. Jede erhielt, ohne Wissen der Nebenbuhlerin
das gleiche Kleid, hielt sich für die Bevorzugte, zog, wie nicht anders zu
erwarten, am nächsten Sonntag zum Kirchgang haargenau dasselbe Kleid und den
selben blauen Reifrock an.
Wie gross muss das Erstaunen gewesen sein, als
aus allen Gassen, bei Läuten zum Kirchgang eine ganze Reihe dieser blauen,
weitgebauschten Reifröcke auftauchte zur grossen Belustigung der Bürger, sehr
zum Verdruss der Trägerinnen.
Wie nicht anders zu erwarten,
musste dieser leichtfertige Lebenswandel von den Untertanen missbilligt werden,
die mit immer sich steigernden Steuerabgaben konfrontiert wurden. So wurde z. B.
das Holz im Walde, das den Köllertaler Bauern zum guten Teil laut Vertrag mit
den Vorfahren des Fürsten für den Eigenverbrauch zugestanden worden war,
verschachert. Die Bauern klagten beim Reichskammergericht in Wetzlar, wie es
zuvor auch schon die Sankt Johanner und die Saarbrücker Bürger für eine
jährliche Rechnungsoffenlegung der Rentkammer der Grafschaft taten. Nach diesen
vertraglichen Vereinbarungen war der Graf verpflichtet, jedes Jahr den Haushalt
offen zu legen. Diese Offenlegung unterblieb jedoch mit der Zeit, denn es war
zunehmend schwieriger geworden, den Honoratioren der Stadt Saarbrücken Einblick
in die total verfahrene Finanzwirtschaft zu geben.
Dieser Prozess jedoch
dauerte dreissig Jahre lang und Wilhelm Heinrich war schon längst verstorben,
als sich im Jahre 1792 sein Sohn, der Graf Ludwig endlich zu diesem Vergleich:
1. Es sollte zu Anfang jeden Jahres der überschlag der General- und
Speziallandgelder den Abgeordneten der beiden Saarstädte und des Landes zur
Einsicht vorgelegt und von ihnen genehmigt werden.
2. Der Fürst übernahm
die von 1768 bis 1792 zur Bestreitung dringender Landausgaben aufgenommenen
Kapitalien im Betrag von 47.075 Florin als Schuld auf seine
Renteykasse.
3. Da die Untertanen die zuviel bezahlte Summe von 80.000
Florin zurückverlangten, wurde zum Ausgleich der Kartoffelzehnte für immer
erlassen. Dagegen verzichteten die Untertanen auf alle weiteren
Ansprüche.
4. Für die künftige Erhebung der Landgelder sollte eine feste
Vorschrift ausgearbeitet werden. So war der Fürst gezwungen worden, der
allgemeinen Forderung des Volkes, dass Gemeinnutz vor Eigennutz zu gehen habe,
nachgegeben, und das vordem absolute Regiment näherte sich seinem
Ende.
Die beiden letzten Zugeständniss brachten den einzelnen Gemeinden
keine Ruhe, denn sie trugen immer neue Beschwerden und Forderungen vor. Um
endlich Ruhe zu bekommen, entschloss sich die Regierung am 20. Januar 1793 zu
einem Generaldekret. Zur Wiederherstellung der bisher so sehr gekränkten Ruhe
und zur Befestigung des zwischen Landesherr und Untertanen dringend notwendigen
Vertrauens, verordnete der Fürst unter Hintansetzung seines eigenen Interesses
und Aufopferung wohlhergebrachter Renten und Gerechtigkeit:
1. Das
Schwarzwild sollte ausserhalb des Wildzaunes ganz vertilgt werden und auch das
Rotwild solle so weggeschossen werden, dass die Untertanen keinen Grund mehr zu
Klage hätten.
2. Das Frongeld sollte für einen Handfröner an Orten, wo
es bisher 5 Floren betragen hatte, auf 3 Floren herabgesetzt werden. Für ein
Pferd sollten 2 Floren und 30 Kreuzer jährlich bezahlt werden. Das Schirmgeld
wurde für eine Familie von 6 auf 4 Floren herabgesetzt. Der Losschein vom
Kreisdienst, der bisher 2 Taler betrug, wurde ganz erlassen.
3. Einem
Untertanen, der ohne Erlaubnis in fremde Kriegsdienste trat, sollte nicht mehr
wie bisher das ganze Vermögen, sondern nur mehr ein Drittel konfisziert werden.
Ausserdem wurde ihm das Recht eingeräumt, nach diesem Kriegsdienst wieder
zurückzukommen, was bis dahin streng verboten war. Ein weiteres Drittel seines
Vermögens wurde für einen Stellvertreter zum Soldatendienst verbraucht. War der
Zurückgekehrte bei seiner Rückkehr ein armer Mann, musste er zur Strafe 8 Jahre
Dienst tun.
4. Von den Jagdbrieftragen wurden die Untertanen befreit und
die Jagdfronden selbst wurden auf höchsten 14 Tage beschränkt.
5. Die
Landgarden (Landjäger, vermutlich die heutigen Gerichtsvollzieher) sollten ohne
Auftrag des Oberamtes keine Pfändungen mehr vornehmen können.
6. Die
Schornsteinfegerei, die Gelzerei (Beschneidung der Schweine, Rinder und Fohlen),
der Musikbestand und das Lumpensammeln sollten, sobald der derzeitige Vertrag
abgelaufen wäre, nicht weiter an eine Pacht gebunden sein. (Anm.: Alle diese
Rechte, sowie auch das Waschmeisterei und der Abdeckerei waren nach
französischen Vorbild einem einzigen Mann oder einer Familie übertragen, in
Erbpacht gegeben. So hatte z.B. eine einzige Familie das Recht, sämtliche
Schornsteine der Grafschaft zu reinigen und mussten dafür als Erbpächter einen
jährlichen Betrag an die Landeskassen abführen. Das Schornsteinfegen sollte aber
unter polizeilicher Aufsicht bleiben, eine feste Taxe erhoben werden. Die
Ausfuhr von Lumpen, z.B. sollte solange verboten bleiben, wie sich noch eine
Papiermühle im Lande befand.)
7. Für die Land- und Waisenschreiber, die
bei Sterbefällen das Inventar aufzunehmen hatten, sollte eine feste Taxe
aufgestellt werden.
8. Der "Grumbirnzehnte" (Kartoffelzehnte) sollte
nicht nur in den Städten, dem Völklinger und dem Köllertaler Hof, sondern auch
in allen Gemeinden erlassen werden.
9. Die Leibeigenschaft wurde
aufgehoben, so dass die Untertanen weder Freilassungsgelder zahlen, noch
Ordonnanzdienst oder das gezwungene Dienstajhr mehr ableisten mussten.
Das Letztere, das gewungene Dienstjahr, mussten die Söhne und Töchter
leibeigener Untertanen ihrer Herrschaft leisten, sobald sie das 16. Lebensjahr
erreicht hatten. Alljährlich beim Gesindezug, drei Wochen vor Weihnachten, wurde
gelost. Der Lohn betrug für einen Knecht 10 und für eine Magd 6 Floren mit Kost
und Logis.
Befreit waren der einzige Sohn oder die einzige Tochter einer
Familie. Das Haus, aus dem ein Sohn oder eine Tochter diente, war auf drei Jahre
frei. Auch Handwerker, Soldaten und deren Geschwister waren auf drei Jahre
befreit, ebenfalls Gebrechliche. Loskauf von dieser Pflicht war für einen Preis
von 10 bzw. 6 Floren möglich.
Neben den oben besprochenen
Erleichterungen wurden weitere gewährt, so wurde z.B. das Besthauptrecht
abgeschafft. Andere Fronden jedoch blieben weiter bestehen, was natürlich in der
Folgezeit andere Hitzköpfe reizte, die damit drohten, sich mit den Franzosen,
die ja das Land militärisch besetzt hielten, zu vereinigen. Der Fürst sah sich
deshalb gezwungen, seine Privilegien nach und nach preiszugeben.
Zu
Beginn der französischen Besetzung fühlte sich der Fürst noch recht sicher in
seiner Residenz. Als aber später der eine oder andere seiner Beamten als Geisel
abgeführt wurde, sah er sich in einer üblen Lage, der er sich nur durch seine
Flucht entziehen konnte. Floh er, das wusste er, hatte er sein Land verspielt,
blieb er, so musste er um seine Freiheit bangen. Also entschloss er sich zu
einer Badereise ausser Landes, von der er nicht mehr zurückkehrte.
Auf
der Flucht vor den Franzosen starb er 1794 im Wald bei Aschaffenburg und wurde
in Usingen im Taunus, Hessen-Nassau, beerdigt. Der "Köllertaler Waldprozess",
den die rebellischen Bauern in Wetzlar angestrengt hatten, erledigte sich erst
mit dem Tode des früheren Landesherren.
Damit war jedoch der Friede noch
längst nicht eingekehrt. Die gleiche Anarchie, wie sie zu dieser Zeit in
Frankreich herrschte, hielt auch bei uns noch mehrere Jahre an. Doch wurde
dadurch das System des Absolutismus beseitigt, die Leibeigenschaft aufgehoben,
der sog. "Zehnte" abgeschafft, der Bauer war endlich der Herr seiner eigenen
Scholle. Frongeld brauchte nicht mehr entrichtet zu werden und auch die
Jagdfron, die Pflicht des Bürgers, bei Wildjagden der Herren Grafen und ihres
Hofstaats unentgeltliche Treiberdienste zu leisten, fiel weg.
Nach der
Flucht des Fürsten Ludwig blieben die Franzosen als Herren des Landes zurück ,
und bald begannen die Plünderungen und Erpressungen durch eine französische
Soldateska, die alles stahl, was nicht niet- und nagelfest war, bis diese
Landplage selbst den führenden Franzosen, soweit sie hier in der zivilen
Verwaltung an der Saar tätig waren, zu viel war und sie im Rahmen ihrer
Möglichkeiten einzuschreiten begannen.
Wirklich besser wurde es erst,
als der Deutsche Kaiser 1797 im Vertrag zu Campo Formio seine geheime Zustimmung
zur Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich gegeben hatte, und die Pariser
Regierung den Elsässer Rudler, der bis dahin am Kassationshof in Paris Richter
gewesen war, in dieses Gebiet schickte, um Ordnung herzustellen.
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