Samstag, 12. Oktober 2013

jeunesse doree meets arrogantes arschloch

das wird ein langer, verwirrender ritt, den rosinante unbedingt reiten will, seit sie das posting von klaus gestern las. seitdem beschäftigt sie sich mit der frage, "was wann schiefgegangen" ist.ich hoffe, ich mute dir nicht zu viel zu, wenn ich seinen brief von 1999 an die grünen zur lektüre empfehle, der eine wütende liebeserklärung ist, auch wenn er wie eine schimpftirade daherkommt, eine präzise beschreibung eines punktes in zeit und raum, die nur deshalb so genau ist, weil ... naja, er ein ausdruck einer verzweifelten liebe ist, die wohl alle, die sich mal als "grün" empfanden und es vielleicht (im herzen) immer noch tun, auf die selbe knarzige art zu teilen verurteilt sind. zu blöd, wir können uns eben keine andere grüne partei aus dem keller holen. wir müssen halt mit ihr leben. ich jedenfalls habe keine andere. 
das nur als erklärung, wie es zu diesem ritt kam und als "caveat". sag hinterher nicht, ich habe dich nicht gewarnt, das hier ist eine "ordchideen-post", es wird nur über komplett irre dinge wie hörspiele, die französische revolution, den auftritt von guildo horn beim grand prix und derlei abstrustäten und randthemen geredet.
muss ich dir was über die "jeunesse dorée" erzählen oder ist dir wikipedia lieber?

okay, ich probier's mal aus dem gedächtnis, bei wiki können wir das später noch mal genau nachgucken und die zahl meiner irrtümer dann fein säuberlich aufspießen. wiki ist ja sowas von einem rechthaber, daß es schon fast keinen spaß mehr macht, dinge im gedächtnis zu speichern, von denen man dann im nachhinein erfahren muss, daß sie sich anders verhielten.

die sache beginnt eigentlich mit der französischen revolution und die ist ja zu so etwas wie einem meiner lieblingsthemen geworden, seit mir peter michel ladiges sie mir in "8 kapitel geschichte" mal nahegebracht hat. ladiges hat ja nur nur - um in einer abschweifung gleich abzuschweifen - die werke von carlos casteneda ins deutsche übertragen (was mir eben wikipedia verriet, ich habe die alle gelesen, aber da war mir ihr übersetzer noch kein begriff). er hat auch die romane von jan willem van de wetering, sjöwahl & walhöö und vasquez montalban als hörspiele umgesetzt und - wenn es jemand gibt, der mich auf das medium angefixt hat, dann war es wohl er. dieses spiel der stimmen, die die hörspiele trägt, ist so glasklar, so schlicht und doch so effektiv im erzeugen von spannung, ich konnte mich diesem mann noch nie entziehen.



neben seiner arbeit als regisseur von hörspielen hat er auch ein paar wirklich köstliche features geschaffen, "Fünfhundert Jahre - Fundsachen 1492", "Mayaland", "Samuel Pepys & die große Pest in London" (ah, jetzt weisst du, woher ich den kenne und warum unser jüngster kater so heisst), "Was geschah 1751", " Acht Kapitel Geschichte" und sein portrait von marat mit uwe nettelbeck gehören für mich zu den einschneidensten erfahrungen meines lebens: er hat mich beglückt und mir ein paar türen aufgestoßen, durch die ein alter hippie eigentlich nicht freiwillig geht: wie spannend wissen sein kann, zb.

er jedenfalls war der erste, der mir von der jeunesse dorée berichtete, der "vergoldeten jugend", den "süßherzchen", den "moschusstinkern", den muskadins, weil sie ständig diese pastillen lutschten. sie hatten sich dem aufgebot des jahres null der großen revolution qua jugend entzogen, waren aus der armee, die die heranrückende reaktion von aussen bekämpfte, entwichen und trieben sich mit gelegenheitsjobs herum.

sie trugen einen haarschnitt, den man "a la victime" nannte, nach art der hingerichteten, denen der henker die haare im nacken weggeschnitten hatte, vorne lang bis über die augen, hals und kinn versinken in flauschigen maxikravatten, was eine nuschelnde sprache beförderte, die gerne konsonanten, vor allem aber das "r" komplett unterschlug: "incoyable", "supeme", "ma paole donné". sie begrüßten sich, indem sie den kopf nach vorne purzeln ließen, als habe man ihnen jenen gerade abgeschlagen.

dandies, die "bals victimes" veranstalteten, zu denen nur zutritt bekam, wer mindestens einen angehörigen auf dem schaffott verloren hatte.

"hoible"

sie sind die laufburschen der thermidorianer, die die letzten jakobiner nach dem sturz robespierres und dem "journée du premier prereale", dem letzten kampftag der revolution, zusammentreten lassen, um sich selbst die macht zu sichern. robespierre hatte dazu hellsichtig bemerkt "sie wollen nicht die revolution, sie wollen unsere posten".

in den 80ern und 90ern erinnerte mich jugendbewegungen wie die "popper" oder die "yuppies" immer an diese "jeunesse dorée": die revolution, von der keiner so recht bemerkte, daß sie stattgefunden hatte, weil sie als evolution getarnt die themen besetzte, die seither die republik mal mehr mal weniger aber immer virulent bestimmen: ökologie zb.

für mich, und du magst mich für komplett durchgeknallt halten, ist der auftritt von guildo horn beim grand prix das, was das "fest des höchsten wesens" für die französische revolultion war, höhepunkt und gleichzeitig der beginn vom ende dieser revolution, auch wenn es fröhlicher und weniger formell zuging beim grand prix als bei jenem fest, das robespierre noch veranstalten durfte, bevor sie ihn mit zusammengeflicktem gesicht unter die guilloutine schoben.

ah, ca ira. nieder mit den brotpreisen! die hatte er noch unter kontrolle. danach explodierten sie.


deutschland hatte sich im kern verändert: es war locker genug gewesen, diesen clown zu entsenden. nichts gegen guildo horn, ein held eigenen genres, ich fand das damals schon witzig als alle um mich herum noch in den foren den untergang des abendlandes eingeläutet sahen. na gut, freunde kreisten damals um den meister, der es schaffte, auf den tisch zu springen und einen saal zu rocken, die tochter eines freundes hoppst in seinem "schön ist es auf der welt zu sein"-video über die wiese, ich bin da vielleicht ein klitzekleines bißchen voreingenommen. regional gesehen.

aber ich denke nicht, daß ich mich allzusehr irre: deutschland hatte sich "locker gemacht" und die zeit, in der wir leben, ist die konsequenz aus diesem "locker machen". wir nahmen "die sache" nicht mehr ganz so bierernst, wie das von uns als guten deutschen erwartet wurde.

erwarte hier bitte nicht, daß ich über die grünen rede

weil, naja, alles nur menschen in einer welt, die sich so entwickelt, wie sie sich nun mal entwickelt: unkontrollierbar. ich halte schon lange nichts mehr von der idee, man könne oder müsse ihr gar "seinen stempel aufdrücken", weil, naja, wir wissen alle, wo das endet, jedenfalls die, die sich mit geschichte beschäftigen oder die gegenwart als einen punkt in eben dieser geschichte begreifen: er ist so wichtig oder unwichtig wie jeder andere, aber eben nur ein punkt. nicht "alles".

einer mit einer vorgeschichte, die wir kennen und folge-ereignissen, deren kenntnis sich uns entzieht, von der wir aber alle immer ganz genau im voraus schon wissen, was da alles auf uns zukommt. was - wenn du mich fragst - nichts unbedingt was gutes sein wird.

das elend mit der gegenwart ist ja, daß sie so etwas wie ein punkt ist, der sich auf der linie geschichte bewegt, sich dabei aber so unauffällig verhält, daß wir nichts davon mitbekommen. wobei "unauffällig" angesichts des radaus, das zu jedem zeitpunkt veranstaltet wird, ein euphemismus sein dürfte, aber ich wähle das wort mit bedacht.

es fällt uns eben nicht auf.

wir sind ganz gegenwart, scheiss auf die vergangenheit aber weh und ach, was die zukunft anbelangt.

wir sind deutsche, uns wird der himmel auf den kopf fallen.

so ist eben gegenwart ohne geschichte oder doch nur mit geschichte als nie verarbeitetem trauma: der himmel ist uns ja mal im chiemgau auf den kopf gefallen, hat die römischen kurzschwerter um ein paar siegbringende chemische elemente bereichert ... aber dir das jetzt zu erklären ist nicht sinn dieses ausrittes, nur eine abschweifung in einer abschweifung und, verdammtes wikipedia, nur eine unbewiesene spekulation

gegenwart hat so etwas allumfassendes, daß es uns angesichts des getöses und als ergebnis unserer ängste vor der zukunft schwer fällt, zu erinnern, was gestern war. also, daß gestern zb. wieder ein schiff mit 200 menschen um lampedusa herum ertrunken sind und man langsam den eindruck gewinnen könnte, eigentlich ginge jeden tag so ein boot unter und wir hören endlich mal davon, weil es sich nicht länger verbergen läßt.

um bei der gegenwart zu bleiben: in einer woche ist das vergangenheit, wir haben es vergessen und irgendeine andere erzählung wird erzählt. gegenwart hat keine kontinuität. sie ist einfach da und es ist nicht unser verständnis, das die dinge regiert, es ist unsere fähigkeit zu verdrängen.

das wusste schon vor ein paar hundert jahren sören kierkegaard, aber, naja, das ist entweder nicht so bekannt, weil kierkegaard uns wegen unserer eher religiös konnotierten wahrnehmung seiner gedanken und seiner ferne zu unserer gegenwart weniger interessiert als - sagen wir mal - eine folge von "breaking bad".

oder, naja, wir haben's schlicht verdrängt ...

wer ist dieser sören kierkegaard überhaupt?

weshalb dieser lange anritt?

nun, ich habe mich gestern als arrogantes arschloch geoutet ...

und nun frage ich mich, was mich eigentlich so wütend macht. das posting von klaus kann es ja nicht sein, das hat mir eher das herz erwärmt. es ist auch nicht die grippe, die mich seit einer woche umtreibt und mich am konsequenten arbeiten hindert, oder das elend abzusehende wahlergebnis und die nun ebenso abzusehende elende neue variante der groKo(tz), dieses gelähmt auf den herannahenden zug starren.

es ist, stand heute nacht, die wut über dummdreist blasierte ignoranz. über eine wahrnehmung von vergangenheit, die sich auf ein paar ebenso dummdreist wie von neoliberalen meinungsmachkampagnen geprägten dünnpfiffparolen reduziert und sich dick damit tut, alles "scheisse" zu finden, die "grünen im arsch" einer spd lokalisiert und von machtgeilen politiker faselt, dieser jargon der jeunesse dorée der gegenwart, der mich auf die palme treibt.

dabei ist nicht explizit der adressat meines "arrogantes-arschloch-ausbruchs" das ziel meiner verärgerung, herr im himmel, ich erwarte mir im grunde von vielen meiner virtuellen gegenüber nicht die fähigkeit, jenseits der gelesenen überschriften und der unreflektierten übernahme von vorher gekauften "argumenten" einen eigenständigen in so etwas wie geschichtsbewusstsein verankerten gedanken. ich weiss, was meinungen sind, daß man sie in der absicht, einen punkt zu machen und sich selbst im panorama zu verorten, artikuliert.

geschenkt.

es ist eher dieser stetig anschwellende chor, der indiffernte vulgärpolitik in parolen gießt und im spiel, wer mehr hähme über die projektion seines gegners gießen kann, vorne mit spielen will.

früher nannte man das "politikverdrossenheit"

menschen hatten überzeugungen, was in sich nicht unbedingt etwas "gutes" sein muss, aber diese überzeugungen hatten so etwas wie kohärenz. man wusste, worüber man redete und ärgerte sich weniger darüber, daß es politik als solche gab. man ärgerte sich über den stillstand. jemand hatte die parole ausgegeben, es sollten endlich mal reformen her und die blieben aus. man konnte dabei zugucken, wie bundesminister kabel verlegen liessen und die verwandschaft davon profitieren liess. man guckte dabei zu, wie ein deutscher großindustrieller den ihm genehmen parteien geld zusteckte und dann kam das auch noch raus und veritable minister bekamen einen strafbefehl...

man war verdrossen. zurecht. es gab jeden grund. irgendwelche hirnis hatten sich die ganz schlaue idee ausgedacht, in diesem land mittelstreckenraketen zu verbuddeln, die den russen dazu zwangen, in 3 1/2 minuten zu entscheiden, ob das nun wieder nur ein fehlalarm oder doch die ganz große stunde war. das hat viele so verdrossen gemacht, daß sie mal eben in bonn zusammenliefen und auf einer großen wiese randalierten, eine menschenkette durch die republik bildeten oder vor raketensilos herumlungerten.

irgendwie hatte der gedanke an kernkraft was anrüchiges bekommen und auch darüber waren menschen so verdrossen, daß sie an zäunen herumrüttelten und sich von wasserwerfern wegputzen liessen. flughäfen hatten unter jungen menschen auch an prestige verloren, sie besetzten kleine waldstücke, bauten sich ein haus in einem baum, rotteten sich zu kleinen hüttendörfern zusammen. wahrscheinlich haben die den ganzen abend nur unproduktiv herumgehockt, gekifft. das übliche arbeitsscheue gesindel halt, nichts was eine gesellschaft, die sich in ihr grundgesetz geschrieben hatte "schaffe schaffe häusle baue", sonderlich mochte.

langhaarige gammler eben. 

das selbe pack, daß dann in seiner ostdeutschen variante die mauer zu fall bringen sollte.

aber bis wir dahin kamen, musste sich dieses arbeitsscheue gesindel mit seinen radikal anderen gedanken erst mal organisieren. wie das so ist bei leuten, die sich zwar vorstellen können, daß alles mal irgendwie besser werden könnte - jeder hat so seine eigene vorstellung davon, wie das geht.

das schliesst natürlich eine menge lustiges volk mit ein. auf der einen seite, um mit den bösen buben anzufangen, leute in ostberliner buros, die mit diesem und jenem befreundet war und wohl ihre freunde gebeten haben, da mal ein auge drauf zu halten und ein bißchen mitzumischen. und, keine frage, es fanden sich auch leute ein, deren gedankenkontinuität ein paar jahrzehnte in finstere gefilde langte. die üblichen besserwisser, die beseelten, die irren, die alten kader experimentell-kommunistischer zirkel, die sich weiss-g*tt-für-welche helden sui generis hielten und einen plan hatten, wie die welt zu erobern und vor allem umzugestalten sei.

und natürlich die, die es halt drauf hatten, den laden in schwung zu bringen. so ist das halt, was will ich machen, menschen eben, muss man mit leben können.

womit ich immer gut leben konnte, war, erst gar nicht mtglied bei den grünen zu werden.

ich war so verdammt undiszipliniert ...

und das war auch gut so.

menschen, die diese zeiten und ihre vorgeschichte nicht aus eigener erfahrung kennen, stellen sich ja immer alles abstrakt & klar vor, aber ich kann nicht berichten, daß das alles so war. es gab die, die sich den tort antaten, in versammlungen mit anderen leuten die dinge mal so richtig durchzudiskutieren, von allem ein protokoll anzufertigen, beschlüsse zu fassen, leute zu wählen, das nächste treffen, den landesparteitag, den bundesparteitag zu organisieren. wenn du mich fragst: so irre muss man erst mal sein. und so tapfer, und so diszipliniert.

du verstehst? ich war's nicht, aber, hey, respekt, die waren's.

leidensfähig.

da sah ich offen gestanden, keinen großen sinn drin. mir waren "die deutschen" per se suspekt, also dieses wie ein uhrwerk funktionierende, das nicht versteht, woher die effizienz kommt: vom drill. wir können das, wir haben das geübt und zwei mal im letzten jahrhundert durchexerziert. auf den ganzen marxistisch gestählten theorie-kram, auf dieses abarbeiten der frankfurter schule stand mir nicht der sinn. ich war ein "children of the revolution", nicht in der art der jeunesse dorée, eher glücklich mit den "vätern der revolution", also weniger mit den parolen, die alle so was dumpf-deutsches hatten, eher mit ihrer schieren existenz als role model, daß man diese sache "veränderung" machen kann.

wie, das habe ich eher von den hippies übernommen: die gesellschaft kann man nur ändern, wenn man sich selbst ändert, anders lebt, anders denkt, seine kinder anders erzieht und versucht, das wesentliche zu sehen. das ja bekannterweise den augen verborgen ist.

hedonismus, wie ihn leary "predigte". undogmatisch.

der praktische kram, den sollten mal die anderen machen.

halt die, die sich bei sitzungen den hintern platt setzen mussten. was ich wiederum absolut wertschätzte. ich wollte bloss einfach nichts damit zu tun haben, mit diesem rechthaber- und pöstchengreifkram. die nummer war für mich jedenfalls nach den P.A.V. gelaufen. nicht mein geschäft.

die existenz einer partei, die grob über den daumen gepeilt, die interessen der verrückten jener jahre - und für mich bis heute - am ehesten repräsentiert, war eben die gerne hingenommene arbeit anderer aber eben alles in allem "erfreulich".

jetzt rede ich doch über die grünen. die, wie auch immer, thema dieses rants.

vereinsmeier ...

es ist ja im grunde egal, ob man nun kaninchen züchtet oder die kernkraftwerke abschalten will, uanabdingbar, daß furchtbar langweilige leute, oder furchtbar spannende leute mit der fähigkeit, furchtbar langweilige dinge zu tun, sich an einen ort hocken und über ihr thema palavern. das ist, wenn man es aus der aussenperspektive eines hedonisten betrachten kann, eine feine sache - weil ihn "die anderen tun". man kann, weil man sich ja raushält, kopfschüttelnd das treiben der bürokraten der revolution begutachten.

was man nicht konnte, war denen ausschließlich zu unterstellen, daß es ihnen doch auch nur um posten ging und daß die auch verwandschaft hatten, die öffentlicher zuwendung nicht abgeneigt wäre, und der eine oder andere von dem gedanken umgetrieben sei, eines tages könig von allem zu sein und die welt nach seinem bilde neuzuschaffen.

zu den wirklich postiven dingen, die ich über die grünen gerne sage

wenn ich mich denn genötigt sehe, so etwas zu tun, gehört, daß das mit der verwandschaft auch nach 30 jahren nicht so recht eingerissen ist, daß die, die mal könig spielen durften, am ende auch feststellen mussten, daß der spielraum als kellner in der heissen küche beschränkt ist und die speisen punktgenau zu servieren sind.

wenn jemand richtig unterirdisches zeugs über die grünen plappert, fordere ich ihn schon mal auf, ein blatt herauszunehmen, spalten für die einzelnen parteien anzulegen und dann in diese spalten jeden _echten_ skandal den jeweiligen parteien zuzuordnen. mich macht die erkenntnis, wie wenig in der spalte der grünen auftaucht. auf eine kindliche art "fröhlich", weil diese nummer zu einfach ist.

einfach sein könnte, weil ja jeder seine eigene definition von "skandal" hat, in der ar zb. daß es ein skandal ist, daß dieser kinderfickende trittin einfach so durchkommt mit seinem sich vergrifen an kindern. schon klar, freunde; "und bist du nicht willig, dann brauche ich gewalt" beim zurechtbiegen der fakten und "haltet den dieb!" in schönster eintracht machen natürlich immer einen skandal.

es ist natürlich auch ein skandal, daß die grünen den angriff auf diesen erzverbrecher mitgetragen (ich erinnere gar _gefordert_) haben, dem man, wenn man "damals" lebte und sich abendlich angucken durfte, wie menschen in sarajewo von heckenschützen beim überqueren der straße abgeknallt, andere in lager gesteckt und wieder andere vor den untätigen augen der weltgemeinschaft selektiert und dann ermordet wurden, vielleicht die qualität eines "skandals" abgesprechen könnte.

was ich ganz entschieden tue

ich war damit nicht nur einverstanden, ich habe es gefordert und war darin punk before joschka were a punk. interessanterweise war ich mir da mit einem rebellischen jungen cdu-abgeordneten (der übrigens, soweit ich weiss, nie "was geworden" ist) und ... gipfel der absurdität ... mit einem minister einig, der kabel von der verwandschft verlegen ließ, wahrscheinlich just jene, über die wir heute ins netz gehen. kohl sah das anders. genscher baute eine menge mist. die europäer waren komplett von der rolle und spielten unter der decke lustig mir ihren verbündeten aus dem zweiten weltkrieg ein bißchen den geschmack von eben jenem nach.

ich sah die möglichkeit eines flächenbrandes. für mich stellte sich die frage, ob europa einen pfifferling wert ist, wenn es nicht einmal in der lage ist, einen kleinen brand auszutreten, eines verbrechers habhaft zu werden, weil die franzosen den serben heimlich die infos zusteckten und die wiederum der weltgemeinschaft immer unverschämter und brutaler auf der nase herumtanzte.

von der friedensbewegung war auch nicht viel zu sehen, keine "kein blut für öl" plakate auf der strasse, die amis hatten ja nichts damit zu tun ... und was sollte es uns interessieren, wenn vor unserer haustür ein paar leute zu schaden kommen, frag den helmuth: nichts.

ich sah das anders. einfache sache. ich hörte rupert neudeck zu, der mir erzählte, was vor ort passierte. ich war empathisch. für mich gab's vorgeschichten, freunde, die noch ein paar jahre vorher da urlaub gemacht hatten und das land liebten. für mich gab's auch mögliche konsequenzen, in denen aus einem kleinen feuer ein großes wird.

weil es eben so geht. weil es sich halt so ergibt.

in florian ilies "1913" kommt ein wort fast kaum vor. "krieg".

hat keiner dran gedacht, es passierte einfach zu viel. die sache war zu spannend. gegenwart halt. ein neues buch von chrisstopher clarke über den ausbruch des ersten weltkriegs kommt zum schluss, daß alle so da hineingerutscht sind als ergebnis von zwangsläufigkeiten und jean claude jucker hat in seiner lange vor der deutschen medienöffentlichkeit im schatten gehaltenen ansprache vor den luxembourgischen journalisten die anwesenden gebeten, sich doch mal mit dem jahr 1913 zu befassen.

ich konnte mir damals eben vorstellen, daß so ein 1913 eben immer sein konnte und dinge ausser kontrolle geraten könnten. ich war vater geworden, ich wollte, daß meine kiddies einigermaßen heil durch's leben kommen könnten. und deshalb fand ich, daß andere väter, die auch kinder haben, in einer situation, in der ein verbrecher es sich anmaßt, ihn und seine kinder umzubringen, anspruch auf "unseren" schutz haben müsse ... weil, nun ja, irgendwann meine kinder mal auf einen solchen schutz angewiesen sein könnten.

ich fand die haltung derer, die pazifismus als "da misch ich mich mal lieber nicht ein und mache mir die hände schmutzig", schlicht feige und heuchlerisch und begann, militär als polizei zu verstehen. das ist - für einen pazifisten - ein ziemliches dilemma. vorher waren die dinge schön einfach, ich war ein "guter" und redete gerade etwas "bösem" das wort ...

das ist ein konflikt.

den auf "im arsch der spd kampfeinsätze der bundeswehr mitbeschlossen" (*) reduziert zu sehen, macht mich einfach böse, die ganze selbstgefällig hämische attitude des besserwissers ... und das ist ja nun beileibe nicht der eine, der es gerade einfach nur als teil des ewigen sermon von plattitüden artikuliert ... macht mich auch jahre nachdem ich den konflikt für mich gelöst habe, so wütend, daß ich zur arroganz neige und die jeunesse d'orée, die sich keine gedanken über die vergangenheit oder die zukunft machen muss, solange der nachschub an neuen spielen in den bunker gewährleistet ist, darauf hinweise, daß sie nach moschus stinkt und keine ahnung hat, wovon sie redet.

wovon ist also die rede?

von elenden menschen. bürokraten. parteisoldaten. besserwissern. rechthabern. leuten, die gerne ihre sicht auf die dinge verrórdnen können würden ... es aber nie wirklich verordnen werden können oder doch nur als karikatur der idee. frag mal joschka fischer.

ja die rede ist von den grünen. und wie man damit umgeht, daß menschen eben menschen sind, die "unseren" nicht unbedingt schlechtere oder bessere als andere. daß wir aber eine lustige tendenz haben, gerade sie müssten jenseits ihrer phantasien "besssere menschen" sein. diese erwartung, die vorstellung alleine, ist bizarr genug, weil sie nicht etwa daher rührt, daß grüne je wirklich diesen anspruch in der quasi religiösen ausschließlichkeit, die im subtext des vorwurfes ja immer mitschwingt, an sich selbst gestellt hätten.

sie erwarten halt, daß man versucht, sich so korrekt wie möglich zu benehmen. als das mit den kabeln und der familie zb. läßt. dann sagen sie halt ein paar unangenehme dinge zu offen, neigen dazu, einen vernünftigen vorschlag zu machen, den nun wirklich niemand hören will, weil er etwas mit sagen wir einmal risiken und gefahren zu tun hat, und wer hört schon gerne was über risiken und gefahren, oder gar auswirkungen. schon gar nicht über die des eigenen verhaltens. das alles ist nun wirklich keine basis, mit der man sich freunde macht.

ich tue mir halt schwer damit, sie deshalb abzubürsten und mich an dem hämischen spiel zu beteiligen, wer mehr dumme witze über die grünen in 10 minuten zusammenkriegt. für mich sind das halt immer noch die irren, die es irgendwie hinkriegen, die veränderung bürokratisch zu organisieren. die dinge auszudiskutieren, ein protokoll zu schreiben, halt dieser ganze lästige mist, für den ich immer noch zu faul bin.

und, interessant genug, das überhaupt zu beobachten, sie kriegen das jetzt wirklich schon ne ganze zeitlang  manchmal schlecht manchmal recht hin. ich gucke darauf, wie das bei den piraten läuft und denke, daß alleine schon, daß die grünen nicht wie die piraten kläglich scheitern bevor auch nur der erste kompromiss und der erste ernste konflikt ausgetragen wird, verdienst genug ist.

wie auch immer verdienen sie sich damit nach 3 jahrzehnten immer noch meinen respekt. ich hab' halt keine anderen, die das täten, und du magst mich für naiv halten, aber ... verdammt ... die sind immer noch sowas wie "meine" partei.

sie haben das land effektiver verändert als alle anderen bewegungen zuvor und in guten momenten denke ich: es ist vielleicht genau dieser neid, der "die anderen" zu fuchsig macht und die blödiane dazu bringt, darüber herumzufaseln, die "Deutungshoheitder 68er Stück für Stück zurückholen"

blöd nur, daß "wir", sollte es denn dieses "wir" auf irgendeine art geben, nicht in der lage sind, diesen offensichtlichen sieg, auch zu geniessen und unsere zeit damit verbringen die grünen lieber mal prophylaktisch nicht zu mögen und in den wettbewerb, wer mehr blöde witze in 10 minuten zusammenzubringt.

tut mir leid, ist nicht so mein ding.

ich mag sie. 

irgendwie ...

[PS] (*) kampfeinsätze der bundesweht

ich lehne mich hier mit einer von mir als "historisch" verstandenen these vielleicht ein bißchen weit aus dem fenster, aber wenn ich schon guildo horn da oben bemühe: die kampfeinsätz der bundeswehr sind, so übel dir das jetzt auch aufstoßen mag, in einer historischen perspektive der moment, in dem das nachkriegs-deutschland "erwachsen" wurde. 

diesen schritt konnte nur rot/grün machen, hätte es die CDU jemals gewagt, ihn zu gehen, dieses erwachsen werden wäre auf jahrzehnte in einem ideologisch geführten streit versackt. man kann - auch jenseits dieser entscheidung - die historische rolle joschka fischers, auch und gerade sein "i'm not convinced" gar nicht hoch genug einschätzen.

das ist natürlich für den kleinen rechthaber, der sich mit den händen die litfaßsäule abtastend "eingemauert" vorfindet, ein ziemlich gewagter blick und wenn ich jetzt zu allem überfluss behaupte, daß jenseits der kleinkarierten gegenwartswahrnehmung joschka mal eines fernen tages nach gustav stresemann als einer der bedeutendsten aussenminister deutschlands verstanden werden wird, fällst du - ganz auf seine aktuelle tätigkeit fokussiert - wahrcheinlich tot um, aber ... naja so ist das: die bonner republik hatte nie einen besseren und wir sollten mehr als stolz auf ihn sein.

ich bin es und die grünen müssen - für mich - noch einen ganzen haufen "echter skandale" buckeln, bevor ich die kindisch verächtliche sicht der jeunesse dorée auch nur ansatzweise in betracht ziehe.

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