Freitag, 27. Mai 2016

happy day, director's cut ...

gestern war ja rush-hour, rivva hatte meine post verlinkt und die damit verbundene aufmerksamkeit mag ich eigentlich nicht so  - also habe ich den teil meiner post, den ich heute nacht, als ich nach 3 verschiedenen tees ein bißchen "tea drunk" war, schrieb, lieber ausgegliedert. einerseits, weil dieser teil ausuferte, im grunde eher sehr persönlich war und ich mir andererseits mit so was wie dem text, den ich jetzt ergänzend hinzufüge, eigentlich eher schwer tue.

es ist ja das eine, etwas zu tun und das andere, darüber zu reden. oft reden leute über etwas, was sie gerade entdeckt haben und was sie so begeistert, daß sie anfangen müssen, zu missionieren - auch, um sich selbst zu "affirmieren".

nach fast 2 jahren "tee aus kleinen tassen" denke ich mal, daß ich das bis auf die sicher für den einen oder anderen nervtötenden hinweise auf besonders schöne erlebnisse oder besonders köstliche tees hier halbwegs im griff hatte (geh mal davon aus, daß du das beste verpasst hast). aber ... es ist natürlich zeit für eine ausufernde post über das glück, tee zu trinken. ein bißchen zu erzählen, wie ich da hinkam und welche tees meinen weg kreuzten.

ich bitte das jetzt mal nicht als "reklame" oder "missionieren" mißzuverstehen. es ist einfach das ergebnis eines moments, an dem ich drei wirklich extrem köstliche tees aufgegossen, zwei davon in einer kleinen runde getrunken und den letzten dann tief in der nacht probierte ... und im glück schwelgte, daß es so etwas wunderbares gibt wie chinesische tees.

das musst du dir natürlich nicht zumuten und ich hätte als alternative zwei tolle radiofeatures in petto, damit wäre deine zeit sicher sinnvoll gefüllt.



da wäre also zuerst einmal "messer und uhr", 50 minuten ua. über den versuch, die deutschen nach dem krieg mit spielshows zu entspannen, von denen blacky fuchsberger einmal sagte, das konzept stamme aus der amerikanischen psychiatrie ... wirklich sehr hörenswert, nicht nur, weil am ende doch tatsächlich "death don't have no mercy" von den grateful dead läuft. das feature findest du hier

das zweite, nicht minder hörenswerte feature, "Klein Jasedow. Leben vor dem Kollaps"  erzählt von dem, was wirklichkeit eben auch sein kann, wenn man sich traut, einen scheiss drauf zu geben, was die gesellschaft angeblich so einem erwartet und einfach sein eigenes leben, seine träume sich materialisieren läßt. mitten in der ostdeutschen provinz tun das menschen ungeniert und davon zu hören, ist vielleicht tröstlicher als katzenbilder oder kommentare auf blogs, die man eigentlich auf den satz "du bist der meister, der das gras grün macht" reduzieren sollte. 

oki, nachdem ich dich nun die zufällig mitreisenden hoffentlich vertrieben habe, der teil der post, die heute nacht zurückgestellt wurde. wie gesagt: "teadrunk", high on tea, schon fast eine post von rosinante, die schon lange auf den nächsten ausritt wartet.

erwarte also bitte nichts wohlgeordnetes, keine "belehrung" über teesorten etc, eher eine vollkommen ungeordnete beschreibung meines "weg" in diese welt.

[..]

das (zitat, wo g*tt wohl arbeiten würde, wäre er journalist) ist so schön, ich gönne mir noch eines der teepröbchen, denda hong pao oolong


womit ich jetzt die zwei bestellten tee's, einen silver needle fujian, den honey dan cong und den eben erwähnten dan pao angetestet habe ... was soll ich sagen? oh happy day. 

ich habe jetzt vier sorten weisser tee hier stehen, zwei im örtlichen tee fachgeschäft erworben, als ich noch nicht wusste, daß es so etwas wie "weissen tee" überhaupt gibt. 

ich trinke seit 40 jahren tee, hatte mit der zeit herausgefunden, welchen ich genau mag (die sorte, die captain picard beim replicator bestellt, sprich earl grey) und welche sorte es präzise sein muss (messmer, früher lady grey, heute einfach earl grey), weil die am wenigsten parfumiert schmeckte und, naja das erste viertel der packung auch "frisch" sprich zitronig fruchtig - und wie in all meinen gewohnheiten: wenn ich etwas gefunden habe, was sich nach jahren als gut und richtig erweist, dann bleibe ich dabei. ritual und gewohnheit.

neben dem earl grey habe ich mir ab und an einen oolong gegönnt, mein örtliches fachgeschäft bietet da einen soliden aus formosa, den ich für das non plus ultra hielt, hie und da ein gunpowder - oder etwas, was besagtes fachgeschäft, das "gute pfund" nennt, eine wirklich schmackhafte schwarzteemischung, wie der oolong eher "weich.

dann gab es so einen punkt in zeit und raum, ab dem plötzlich pu'erh tee in der tasse war und ein paar monate lang meine geistige landkarte, was tees betrifft, "umpflügte". egal, ob das nun ein reifer pu'erh war - von dem die ersten beiden aufgüsse ungetrunken weggeschüttet werden müssen, um das hier gerne der "geschmack nach altem schrank"  genannt wurde, aus dem tee zu bekommen und der erst ab dem dritten aufguss, dann aber für vier, fünf weitere die, wie ich im nachhinein finde, die beste schule für die neue landkarte abgab. 

das mit dem abgießen ist ein bißchen aufwändig, weshalb sich der rest vom teekuchen, der hier den platz des reifen pu'erh einnimt, nicht so schnell verbraucht. aber, als ich diese woche zeit und ruhe hatte für eine lange vorbereitung und ein stück vom kuchen abbrach, hat mich der tee sofort wieder verzaubert.

mein "energy drink": reifer pu'erh
junger, roher pu'erh ist da eine andere kategorie, er ist wild und so, als ob man das blatt eben vom strauch gepflückt, kurz getrocknet und dann in die kanne geworfen hat. ich liebe jungen pu'erh, der hier als 3 jahre alter kuchen den entsprechenden platz einnimmt und der tee ist, den ich am häufgsten trinke, weil er auf die kleinen grauen zellen am anregendsten wirkt. reifer pu'erh wiederum kann wie ein zigfacher espresso wirken .... oder, wie ich mir habe erzählen lassen ... einen schon mal drei tage wachhalten. gebraut nach den deutschen brauregeln: viel rein, endlos lange ziehen lassen, weg damit ...

es gruselt mich ja schon bei dem gedanken, einen tee länger als 40 sekunden ziehen zu lassen ... ja, ich weiss, es heisst so und so viel minuten ... die und die menge, pro tasse so und so viel teelöffeln. 

die erfahrung sagt mir: bullshit. man sollte nicht alles glauben, was man so liest, ein bißchen experimentieren (huch, darf man das? man muss ...), herausfinden, was und wie man selbst etwas mag ... hier jedenfalls gilt: lieber weniger und kürzer ziehen lassen.

ich mag, wie gerade erzählt. pu'erh. vor allem mag ich dieses photo vom tumblr baoputang365. und die geschichten, die im ersten teil der schönen "teewege" doku, die mal bei 3sat lief, erzählt werden: daß die teepflücker zb. einfach in den dschungel gehen und bäume "finden". 

bäume, nicht sträucher. pu'erh gilt als urahn aller teesorten. er ist "schwarzer tee", nicht zu verwechseln mit dem, was wir so nennen.

als nach einem ausflug von frau wang in die heimat hier "auf kleine tassen umgestellt" wurde, die deutschen, großen tassen den klitzkleinen chinesischen tässchen wichen, war der erste tee, der aufgegossen wurde ein "roter" tee

das, was hier unter "schwarz" verstanden wird, aber es war eben ein chinesischer und ich "ich trinke seit vierzig jahren tee, aber bis eben habe ich noch nie tee getrunken" stammelte. 

chinesische tees sind per se sehr weich, nicht dieses eher kratzige der tees, die ich vorher getrunken hatte. dieser schwarze war eher süß. nicht "zuckersüß" sondern die süße, die sich aus der kombination von wasser und tee eben ergeben kann, wenn der tee wirklich gut ist. ob und wie gut er ist, weiss man im grunde erst wirklich nach dem zweiten oder dritten aufguss, manchmal ergibt sich diese "süße" erst bei einem späteren aufguss, weil die vorangegangen vielleicht nicht "geglückt" sind. 

das experimentieren halt: fehler machen, aus ihnen lernen. die aufmerksamkeit entwickeln, um einen versuch glücken zu lassen. und dann wieder fehler machen.

nicht daß du denkst, ich hätte das mit den weissen tees ein wenig aus den augen verloren. so ist das beim mäandern ... ich erwähne also beiläufig, daß sich zu dem roten ein paar "braune" (oolong) tees und vor allem der grüne longjing dragon dwell gesellten, letzterer in der ersten sorte, die hier getrunken wurde, ein wunder an weichheit. unqualifiziert von mir gerne als "wie ein babypopo" beschrieben. 

nächster halt: weisse tees. 

wenn ich das mit den verschiedenen teesorten einfach machen will, hängt im grunde fast alles von der zeit ab, in der der tee fermentiert und geröstet wird. je dunkler desto länger. 

weisser tee ist ein bißchen wie: "die blätter gepflückt, in die sonne gelegt und vom wind getrocknet". die tee gewordene frische sommerwiese.

in der garage repräsentiert von zwei im örtlichen teehandel gekauften sorten, immer von chinesischen augen skeptisch beäugt und kopfwiegend ein bißchen als zu leicht befunden und auf der anderen seite landsmännischer verbundenheit folgend, freundlich "in schutz genommen", in eine gute und eine weniger gute sorte qualifiziert ... aber doch gerne und immer wieder mit vergnügen getrunken. 

zu den beiden sorten gesellte sich dann ein 3 jahre alter "teekuchen", dessen "artgerechte" handhabung hier zweimal scheiterte und erst von einer ganz in ihr tun versunkene lehrerin des hiesigen konfuzius instituts in das verzaubert wurde, was wirklich in ihm steckt: 

tiefe in einer für weisse tees doch eher typischen leichtigkeit. die sommerwiese, gemäht. ohne den "schrank" oder pilz geschmack der ersten beiden versuche.

weil tee gerne verschenkt wird, ist da noch ein wohl gehütetes stück vom kuchen, reserviert für mitmenschen, die es wert sind, daß man für sie das wagnis eingeht und die aufmerksamkeit für einen geglückten versuch aufbringt. 


das geheimnis: weniger ist mehr. weisse tees sind "leicht", sehr mild, eben eine sommerwiese, nur ein hauch an geschmack in dem heissen wasser. 

mein haus, mein auto, meine yacht ;)
lange vorrede für das, was ich eigentlich erzählen wollte: der silver needle ist auch ein weisser tee und - abgesehen davon, daß er so köstlich ist wie der "honey dan cong phoenix" oder der "dan hong pao" - wie diese erweiterungen des horizonts, besagter "landkarte", die grund zum feiern sind. 

was mich wiederum zum örtlichen fachgeschäft bringt, das ich gerne aufsuche, weil ich den gedanken mag, daß es so was vor ort gibt und die leute freundlich sind und überhaupt. aber ... ich fand mich mal in der  situation, nachzufragen, ob der eine pu'erh im angebot nun ein "reifer" oder ein "roher" sei, und dann den unterschied erklären zu dürfen. 

das ist einerseits witzig, aber auch irgendwie deprimierend. so deutsch. mit tee gefüllte schubladen, die verwaltet werden. nichts existiert jenseits dieser schubladen. was so leider die möglichkeiten nicht wirklich ausschöpft.

na gut, was wiederum andere dazu bringt, das universum, in dem sie leben, mit viel liebe zu der sache, an der das herz hängt, köstliche tees eben, an den mann zu bringen. das ist eine tee-geschichte, die noch nicht wirklich angefangen hat oder gerade erst beginnt. 

eine jenseits der ostfriesenmischung ...
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das teeschiff und die kanne, die jiakan, der heute in shanghai deutsch unterrichtet, mir vor seiner abreise vermachtete, darf in dieser post nicht fehlen





zu ehrenrettung des örtlichen teefachandels: natürlich stammt das gros dessen, was hier so konsumiert wird, aus dem geschäft mit der wand aus schubladen, ein wunderbarer sumatra oolong, ein gelber tee, ein golden yunnan, ein eastern beauty oolong, ein leckerer keemun und ein eher milder lapsang souchong (ein geräucherter tee, nicht jedermanns sache) ergänzt von einem sehr robusten lapsang (ich jedenfalls mag den) und den vielen geschenken und hinterlassenschaften, wie ein wohlgehüteter pu'erh knopf für den rechten moment und die rechten personen ...

die schönen dinge im leben. eine gute tasse tee gehört definitiv dazu und ein tag, an dem man gleich drei köstliche sorten antesten kann, ist definitiv ein "happy day", an dem man "teadrunk" werden darf ;)

natürlich ist tee auch so etwas wie die madelaine, die man in den kamillentee taucht und die eigene kindheit materialisiert vor dem inneren auge (muss ich dir das verlinken? ach was!). 

ich hatte da das glück, auf einen menschen zu stoßen, der auch "auf dem weg" war und eine gewisse kompetenz in sachen tee (neben vielen anderen dingen, in denen sie so kompetent war, daß unsere gespräche schon mal, von guten tees befeuert, 14 stunden lang dauern konnten) mit sich brachte und der ich für die einführung in diese welt immer dankbar sein werde. manchmal beschenkt einen das leben ja unvermutet reichlich.

es ist also schön, wenn man den weg nicht alleine beschreiten muss und jemanden hat, mit dem man die freude teilen kann, und natürlich ist ein tee oft tatsächlich genau diese "madelaine" und ruft schöne momente zurück. 

aber eigentlich, eigentlich ist es die hingabe an den moment, die das teetrinken so wunderbar macht. daß die welt versinkt, der computer, die welt da draussen, alles was einen nerven und zeit kostet, verschwindet und dem geschmack auf der zunge weicht, dem man sich nun achtsam hingibt, als sei es das wichtigste auf der welt.

das wieder gelernt zu haben, empfinde ich als höchstes glück. 

es hat mir mehr als nur einen "happy day" beschert und die tür zu menschen geöffnet, deren haltung und deren leben ich um einiges spannender und "wichtiger" empfinde, als dieses ganze gedöns, mit dem uns die medien täglich so zumüllen, als ob es nichts wichtigeres gäbe - und die am ende nur diese art verheerung hinterlassen, die claudia ja unlängst zum ausdruck gebracht hat.

ich bemerke, daß es so etwas wie eine "bewegung" gibt, unorganisiert, ohne "vereinsordnung", eher eingeschworen auf das "dào" und eben den tee, "teemenschen" wie zb. joeyteatime, einen amerikaner, der gerne draussen (witziges funfact: er verwendet das selbe teegeschirr wie ich, einfach und schlicht) alleine oder mit freunden oder mit seinem verstorbenen vater kleine teezeremonieen abhält. 

oder eben die leute von boaputang365 deren posts mich immer an einen ort bringen, an dem so etwas wie stille und gelassenheit herrscht. 

das ist kein ort für hipster, die sich gegenseitig die säcke vollmachen, auf was sie nun wieder gestoßen sind und warum das kuhl ist. die sollen mal schön ihren macha tee trinken, bis die welle abgeflacht ist und sie sich einem anderen fetisch zuwenden, gibt ja genug, hinter denen man her laufen kann.

tee trinken, das ist ein ort, an dem du nicht laufen musst. 

setz dich hin, wirf den wasserkocher an, spül die erste kanne und die täschen mit heissen wasser aus, gib den tee in die kanne, gieß wasser drauf, lass ihn ein bißchen ziehen, gieße ihn in die zweite kanne um und dann ... 

komm bei dir selbst an, es gibt keinen besseren ort.


hier noch ergänzend der link zu einem AMA (ask me anything) bei reddit

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