"Nichts gibt so sehr das Gefühl von Unendlichkeit, als wie die Dummheit" (Ödon von Horvath)
und "Wir (selbst) wissen nicht, daß wir nichts wissen" (Frau Wang)
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Sonntag, 19. Januar 2014
Geschichten aus dem Köllertal VII
Die Maldixsage
Der Graf von Saarbrücken hatte im Köllertal einst einen gottlosen Jäger namens Maldix. Der ging, wie er das öfter zu tun pflegte, am heiligen Sonntag morgens zur Jagd und befahl den Bauern, die schon in Sonntagskleidung und unterwegs zur Kirche waren, die Jagd als Treiber mitzumachen. Ein alter Bauer bat den Jäger, doch einen anderen Tag zu Jagd wählen, da sie ihrer Sonntagspflicht genügen wollten.
Als Antwort versetzte er dem alten Mann einen Schlag mit dem Hirschfänger in Gesicht. In diesem Moment erhob sich ein gewaltiger Sturm, so heisst es, ein riesengrosses Wildschwein kam aus dem Wald hervorgeschossen, nahm den gottlosen Jäger auf den Rücken und sauste wie der Wind davon.
Eine andere Fassung dieser Sage erzählten sich unsere Ahnen in den Spinn- und Maistuben (Maistuben waren die Wohnräume, in denen sich die Herrschaft, der Bauer und sein Gesinde an langen Winterabenden zum gemütlichen Plausch zusammenfanden und ihre Besucher empfingen. Man fand sich ein und beim Surren der Spinnräder und eiligem Geklapper der Strick- und Häckelnadeln erzählte man sich die Neuigkeiten aus dem Köllertal.
Unter den Maileuten befanden sich auch fast immer ein paar alte Leute, die Legenden erzählten und ihre Gruselgeschichten an den Mann oder die Frau brachten, auch wenn sie es dabei mit der Wahrheit nicht immer so genau nahmen. Von ihren Geschichten blieben die vom Vetter Pitt oder Schorsch oder Base Bärbel der Jugend und dem Gesinde unvergesslich, Anekdoten, die sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbten, und z.T. noch heute geläufig sind.
Hier war die Geschichte vom wilden Jäger Maldix zuhause.
Einen Herren von Maltiz hat es wirklich hier einmal gegeben. Es handelt sich dabei um den Herrn Heinrich Burchard von Maltiz, geboren 1630, gestorben 1690. Er war Oberforstmeister am NassauUsingischen Hof und hatte einen Sohn, den Waldrad Ferdinand (1678-1717). Ein Bruder des letzteren, Johann Friedrich von Maltiz war Hofmeister in Ottweiler. Der zweite Sohn Waldrad Ferdinand's, Georg Wilhelm war als Forstmeister in Saarbrücken tätig, und er ist es auch, von dem die Sage vom Wilden Jäger im Saarland erhalten geblieben ist und den man auch den "Maditz" nannte.
Nun zur zweiten Version der Maldixsage. Nach dieser Fassung soll der Malditz ein wilder, verwegener Jäger gewesen sein, der vielfach sein Unwesen im Köllertal trieb. Seine Streifzüge soll er von seinen beiden Burgen, die eine im Köllertaler Forst bei Rittenhofen im Distrikt bei der "Hohen First", die andere auf dem Littermont bei Düppenweiler, geplant und gemeinsam mit seinen Landsknechten durchführte. Sie brachten reisende Kaufleute um ihre Habe und überfallene Bauernhöfe um das Vieh.
Nach dieser Sage stand auf dem Breitfeld zwischen Kölln und Püttlingen an der Römerstrasse im Sprenger Wald einst ein Gasthaus, in welchem sich die wilden Gesellen ein Stelldichein gaben. Später entstand dort eine Backsteinfabrik und heute steht dort, wo früher noch ein grosser Teich war, Fische gezüchtet und verkauft wurden, die Maschinenfabrik Sander.
Nach der mündlichen überlieferung ging dieses Wirtshaus an einem Sonntagmorgen, als die Glocken der St. Martinskirche in Kölln die Gläubigen zur heiligen Messe riefen, unter donnerndem Getöse unter und soll den Raubritter Maldix samt seinen Zechkumpanen mit sich in die Tiefe gerissen haben.
Es erhob sich, so erzählte man sich, ein grosser Sturm. Die Leute in der Kirche wurden von panischer Angst gepackt, man glaubte, deutlich Flüche von Verdammten, das Wiehern wilder Pferde und das Gebell der Hundemeute vernommen zu haben. Sofort nach der heiligen Messe begab sich eine grosse Prozession der Gläubigen, an ihrer Spitze der greise Seelsorger, die Monstranz mit dem heiligen Leib Christi fest umklammert, nach dem Breitfeld, denn man war überzeugt, dass Furchtbares geschehen sein musste.
Schon seit dem Samstagabend waren dort der Maldix und seine Kumpanen zu einem wüsten Zechgelage versammelt. Die Ahndung des Schreckens war unversehens Wirklichkeit geworden, Gottes strafende Hand hatte furchtbar zugeschlagen. An der Stelle dieses schrecklichen Geschehens entdeckten die Gläubigen anstatt eines Wirtshauses einen Fischweiher, in welchem sich friedlich Forellen, Aale, Karpfen und Schleien tummelten.
Kreidebleich die Gläubigen, gefasst und sehr ernst ihr Seelsorger, blieben diese noch zu einer Sühneandacht zusammen, um dann schweissgebadet, vor Angst still nach Hause zu gehen, aber die Stätte des Grauens in ihrem Lebens niemals wieder vergessend. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts marschierten zwei junge Leute im heiratsfähigen Alter an Martini vom Kirmestanz zu Sprengen kommend frohgemut durch den Sprenger Wald ihrem Heimatdorf Rittenhofen zu. Damals erstreckte sich der Wald allerdings noch bis über die Kohlengrube, oberhalb der kleinen Talsenke von wo sich ein Feldweg zum Breitfeld abgabelt. In der Mitte des Waldes erhob sich ein starker Novembersturm und beide bekamen es mit der Angst zu tun, als das Heulen des Windes nicht aufhören wollte.
Sie liefen, so schnell ihre Beine sie trugen über die Kohlengrube ihrem Elternhaus im Köllegarde zu, liessen hinter sich ein unheimliches Hundegebell, das Dröhnen von Pferdehufen, Kettengeklirr, das Wiehern von Pferden und das vermeintliche Fluchen von wilden Gesellen in der Luft. Schweissgebadet liefen sie ihrer Grossmutter in die Arme, die hinter dem Ofen sitzend, den Rosenkranz auf den Knien für die Seelenruhe der Verstorbenen betend in sich gekauert sass. Sie erzählte den beiden die Geschichte vom Maldix und seiner Parforcejagd, sowie vom Entenpfuhl auf dem Breitfeld. Von da an schworen sich die beiden Brüder, nie wieder bei mitternächtlicher Stunde den Heimweg von Sprengen nach Rittenhofen zu wagen, obwohl sie noch oft dorthin pilgerten. da sie dort zwei Schwestern freiten.
Man wartete also in Zukunft lieber den Tagesanbruch ab und schlich sich auf leisen Sohlen die Heuleiter hinauf, über den Getreidespeicher zur gemeinsamen Schlafstube.
Die Sage vom Entenpfuhl
Mit dem bereits eben angesprochenen Entenpfuhl ist folgendes geschehen. Vor mehr als 200 Jahren stand dort, wie oben erwähnt, ein Gasthaus. Der Wirt, ein gottloser Geselle, veranstaltete an Sonntagen, während sich unten im Tal die Gläubigen zum Gottesdienst aufmachten, Tänze und die Musik lockte das junge Volk zu sich herauf. An einem Ostersonntagmorgen, während in St. Martin das freudige "Alleluja, Jesus lebt in alle Welt" erklang, herrschte auf dem Breitfeld ein ausgelassenes Leben, ausschweifende Tanzlust. Mitten im Getrubel stürzte plötzlich das Haus zusammen und begrub alle Zecher unter sich.
Übrig blieb nur ein grosser Wassertümpel, der Entenpfuhl und als die vom Kirchgang heimkehrenden Leute das Verschwinden von Angehörigen feststellen mussten, war man sich schnell klar, dass Gottes Gericht schnell und furchtbar eingegriffen hatte.
Die Geschichte vom Ochsenjoch
In alter Zeit, als die Bauern sich noch der Ochsengespanne für den Pflug benutzten und die Bauernburschen des Köllertales noch Leitern zum Stelldichein bei den Schönen des Dorfesbedienten, die sie ohne das Wissen von deren Eltern besuchen wollten, geschah dieses:
Zwei Unzertrennliche, denen der Schalk fausdick im Nacken sass, trafen sich bei nächtlicher Stunde am Giebelfenster bei einer schönen Bauernmagd. Damals mussten übrigens noch "Fenstersteuern" entrichtet werden, die sich nach der Grösse der Fenster richtete, weshalb diese in den Gesindestuben möglichst klein gehalten wurden.
Der Eine der beiden Hallodries erkletterte über eine Leiter das schmale Giebelfenster zum Zimmer der Heissblütigen, die nichts Böses ahnend, wohl alles um sich herum vergessend bei den betörenden Worten des vermeintlichen Liebhabers, das Fenster öffnete. Währenddessen hatte sein Komplize heimlich die Leiter erklommen, legte nun blitzschnell das Ochsenjoch um die Stirn der Maid, verschnürte es mit einem Halsband so, dass sie nun plötzlich nicht mehr in das Zimmer zurückgleiten konnte. Das Fenster war zu eng, und als die verzweifelte Magd versuchte, sich seitlich nach aussen gleiten zu lassen, verschlossen ihr nunmehr die Fensterflügel den Weg.
Die Bedauerliche war mit Kopf und Armen ausserhalb des Fensterkreuzes eingeklemmt, es war ihr nicht mehr möglich, das Halsband mit den Händen zu lösen, und sie fiel, wie nicht anders zu erwarten, erst einmal in die rettende Ohnmacht.
So konnte sie erst am nächsten Morgen, als die Leute aus dem Ort zur Frühmesse gingen und sie dabei entdeckten, vom benachrichtigten Bauern aus ihrer verzweifelten Lage befreit werden. So geschehen im Köllertal in der Nähe der St. Martin Kirche. Das Gelächter im Dorf war sehr gross und selbst während der Frühmesse tuschelte man sich diese Neuigkeit zu, so dass der greise Pater, der von dem Bubenstück nichts wusste, wiederholt um Ruhe bitten musste.
Die Sache nahm dann aber doch noch einen guten Verlauf, denn der dreiste Lausbub heiratete seine Angebetete und noch heute erzählt man sich im Köllertal von diesem Streich, der dem Bauernburschen eine tüchtige Bäuerin einbrachte, der sie im Giebelfenster des Nachbarn gefunden hatte.
Sie hielten treu und fest bis zu ihrem Ende zusammen, zogen 9 Kinder gross und, wie man so sagt, wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Wie der Schnautz den Jakobi erleben sollte
Einst lebte im Köllertal ein sehr armes, kinderloses Ehepaar. Der Mann hütete mit seinem treuen Hund, Schnautz gerufen, die Schweine der Bauern.
Seine brave Ehehälfte verdiente durch Taglöhnerarbeiten und durch Strümpfestricken zum Lebensunterhalt hinzu. So vergingen für sie Jahre in Freud und Leid, man wurde langsam alt und der Schmalhans blieb als Küchenmeister an ihrer Seite.
So zog eines Jahres ein sehr trockener Sommer über das Land, die Heuernte war eingebracht. Das Brot war knapp und eine schlechte Getreidernte war zu erwarten. Der treue Schnautz torkelte nur mehr so hinter der Herde einher, denn auch ihn plagte der Hunger. Dies erbarmte den Susenpatt, so nannte man den Hirten, und er tröstete den Hund mit den Worten "Schnautz wehr dich, Jakobi kommt bald".
Jakobi war im Kalenderjahr der Bauern der Tag, an dem mit der Einbringung der Getreideernte begonnen wurde.
Leider konnte der arme Hund den Jakobi nicht mehr erleben, denn er war unterdessen am Hunger eingegangen. Nach geraumer Zeit hatte dann auch der Susenpatt das Zeitliche gesegnet. Das ganze Dorf trauerte um den Dahingeschiedenen, half nun der ganz allein zurückgebliebenen Witwe, der Susengot über die grösste Not hinweg und versammelte sich am Abend in der Stube des Toten zum Gebet. Die Not der Eheleute, die durch den Tod des Mannes erst richtig sichtbar geworden war, erbarmte die Leute sehr.
Eine junge Bäuerin rief vor Schreck aus, als sie den Susenpatt im Sarge liegen sah, bekleidet mit seinem Totenhemd, in welchem der Rücken fehlte: "Ei Susengot, Eurem Vatter fehlt ja der Rücken in seinem Totenhemd!". Die Susengot gab darauf die ergebene Antwort: "Im Himmel wird ja der Winneweh getanzt und der geht langs die Wand und dann sieht man ja den nackten Rücken nicht".
So arm waren nämlich früher in der sogenannten "guten, alten Zeit" die Tagelöhner und Häuslerleute, dass sie sogar die Totenhemden auf ein Mindestmass zusammenschnitten.
Der Vetter Matz und der Wolf
In den ersten Jahren, als die Grube Von der Heydt in Betrieb genommen wurde, die Kohle also noch ohne irgendwelche maschinellen Hilfsmittel gewonnen werden musste und sehr umständlich über Tage transportiert werden musste, bediente man sich eines "Hundes", eines aus starken Holzbohlen zusammengezimmerten Kastens mit starken Holzkufen daruntern, die ein besseres Schleifen über die Sohle ermöglichten. An diesem "Hund" war ein starkes Drahtseil befestigt, das am Stollenmundloch, dem Ausgang über Tage, über eine Rolle lief und so hoch gezogen wurde. Später wurde der Kohlenwagen mit Rädern entwickelt, die dann über Schienen liefen.
In dieser Zeit kannte man noch keinen Achtstundentag, geschweige denn eine 42-Stundenwoche. Die Schicht des Bergmannes begann früh um 6.00 Uhr, er bekam eine Anzahl Metern vorgemessen, und musste nun solange bleiben, bis das Pensum mit der Hand aus den festen Gesteinsmassen herausgepickelt und weggeschauffelt war, eine Arbeit, die schon einmal 12 bis 13 Stunden dauern konnte. Das Tageslicht erblickte der Bergmann meistens nur an Sonntagen oder im Hochsommer.
Damals hausten noch in den Wäldern unserer Gegend Wälfe, die sich besonders im Winter vom Hunger getrieben bis an die die Dörfer heran schlichen, um etwas zu Fressen zu finden, was auch gelegentlich dazu führte, dass Menschen von ihnen angefallen wurden.
So auch in jener Nacht, als sich unser Vetter Matz auf dem Heimweg von der Grube Von der Heydt in sein Heimatdorf im Köllertal befand, hörte er das Heulen eines Wolfes. Blitzschnell griff er zu seinem Feuerstein, mit dem er seinen Zunder entzündete und rückwärts ging, bis der Wolf sich entfernt hatte.
Wölfe weichen nämlich vor dem Feuer zurück und so erreichte der Vetter Matz, der ja immer den Wolf mit dem Feuer von sich entfernt hielt, schliesslich schweissgebadet sein Heimatdorf. Damals gab es ja noch keine Streichhölzer und so wurde der Zunder immer am Feuerstein glühend geschlagen, um damit ein Feuer oder eine Pfeife anzuzünden.
Das ging so vor sich: Zwei Wackensteine, die beide rund und handlich waren, wurden solange aneinander geschlagen und dabei der Zunder dazwischengeklemmt, bis der Zunder glühte. Damit konnte man sich bis zum Einzug der Streichhölzer in die Dörfer immer behelfen.
In den alten Häusern, in denen sich noch ein offener Feuerherd befand, bedeckte man am Abend die glimmende Holzkohle mit Asche, damit sie am nächsten Morgen mit Stroh wieder frisch zum Brennen gebracht werden konnte.
Bis dahin musste allerdings jedesmal tüchtig in die Glut geblasen werden. Diesem Zunderfunken verdankte damals unser Vetter Matz sein Leben, da sich der Wolf durch den Funken verängstigt keinen Angriff wagte. Die Bezeichnung Vetter oder "Path", Base bzw. "Goth" war nicht immer identisch mit dem Taufpaten oder der Patin, vielmehr wurden alle älteren Personen so angeredet. Das vertraute "Du" der Jetztzeit war damals noch vollkommen unbekannt, d.h. der dem Alter schuldige Respekt verbot es dem Jüngeren, das "Du" in der Anrede zu verwenden.
Die Geschichte von der Glucke
Der "Links", so der Spitzname eines Bergmannes von Schwarzenholz und sein Kamerad Jakob aus dem Köllertal arbeiteten zusammen im Streb auf dem Aspenschacht. Eines Tages erzählte der Links dem Jakob, dass er zuhause eine Glucke sitzen hätte, bei der Tags zuvor 12 muntere Kücken geschlüpft seien.
Jakob, treugläubig wie er nun einmal war, gab nicht eher Ruhe, bis ihm der Links die Glucke samt den Kücken gegen einen Schinken eintauschte. Am folgenden Tag brachte dieser sein Tauschobjekt von Schwarzenholz mit ins Köllertal und dort übergab seinem Freund in einen verschlossenen Korb die Glucke samt Zubehör als Gegenleistung für den prachtvollen Schinken.
Sodann begaben sich dann beide gemeinsam zur Frühschicht auf die Grube.
Links ermahnte noch die Frau des Jakob, den Korb zugedeckt in der Scheune stehen zu lassen und die Glucke erst dann zu füttern, wenn es richtig hell geworden sei, denn es war ja noch früh am Morgen und dunkel.
Als dann die Kinder gegen 8.00 Uhr in die Schule geschickt wurden, begab sich nun die Frau des Jakob in die Scheune, um die Glucke und die Kücken aus dem Korb zu befreien und zu füttern. Aber oh Schreck!
Statt der Glucke stob ein fetter schwarzer Kater aus dem Korb heraus, fegte wie der Leibhaftige die Gerüstleiter hinauf, um durch den Heustall hinaus auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Als sich die Frau von ihrem Schreck erholt hatte, beschloss sie den hinterhältige Linksen mittags auf dem Heimweg beim Kreuz zu Kölln zu stellen. Dieser wich jedoch der Begegnung aus und marschierte über Herchenbach seinem Heim in Schwarzenholz zu.
Es gibt Dumme und Saudumme!
Fritz arbeitete im Wetterschacht, der vom Aspenschacht nach dem Hixbergschacht über Tage führte und war mit Nachreisserarbeiten bechäftigt.
Da er keine bergmännische Leuchte war, brachte sein Steiger ihn dort unter, was sein Schaden nicht sein konnte, denn der Fritz lieferte seinem Steiger die Butter und zur Schlachtzeit auch schon einmal einen Schinken oder eine ordentliche Portion Hausmacher.
Fritz betrieb nämlich neben seiner Bergmannstätigkeit auch noch eine kleine Landwirtschaft und bestellte mit 2 Kühen ein Feld. Meistens hatte er die Nachtschicht und brannte dort ab und zu auch mal durch, ohne seine Schicht ganz abgefahren zu haben. Das fiel im Allgemeinen ja auch nicht auf.
Eines späten Abends schlich er sich wieder zur Tagesstrecke hinaus dem heimatlichen Herd zu. Als er nun in die Nähe seines Hauses kam, bemerkte er noch Licht im Schlafzimmer. Also spitzte er durch die Gardinen und stellte zu seiner grossen überraschung fest, dass der Steiger noch bei seiner Frau zu Besuch war. Aufgeregt lief er so schnell ihn die Beine trugen wieder zurück zu seiner Arbeit. Seinen verdutzten Arbeitskollegen erzählte er, welches Glück er doch gehabt habe, dass ihn der Steiger nicht erwischt habe, worauf diese natürlich in ein schallendes Gelächter ausbrachen. Sie wussten sehr wohl um die Schönheit der Frau von Fritz aber auch um deren eheliche Treue.
Eines Tages kam unser Fritz übelgelaunt von der Arbeit zurück und fragte in seiner Verdrossenheit seine Frau, was sie ihm den eigentlich für einen schlechten Limburger Käse mitgegeben hätte. Der habe ja wohl wie Seife geschmeckt. Daraufhin rannte seine Frau zum Schrank und musste händerringend feststellen, dass Fritz anstatt des Käses wirklich die Seife mitgenommen hatte.
Eines anderen Abends klagte er seiner Frau, die bereits im Bett lag, dass ihm die Suppe überhaupt nicht gut geschmeckt habe. Von Mittagsessen war nämlcih Weisskrautsuppe übriggeblieben, aber unser Fritz hatte statt dieser Suppe das Spülwasser, das ebenfalls hinter dem Herd stand, hinuntergewürgt.
Die Geschichte vom Balwutz
Die Bergleute hier im Köllertal waren immer als sehr sparsam bekannt, denn man war früher bestrebt, neben dem eigenen Häuschen auch noch ein paar Geisen im Stall haben. Nach den Geisen folgte dann die Kuh, und wenn man "Luft genug" hatte auch noch eine zweite. Dazu gehörte natürlich auch ein paar Schollen Ackerland und dafür musste gründlich gespart werden. So kam es, dass dort, wo es möglich war, sich die Bergleute gegenseitig die Haare schnitten, denn damit sparte man sich das Geld für den Friseur, der früher hier Balwutz gehiessen hat. So passierte es eines Tages, dass der Steiger die Herren Frisöre statt bei ihrer Arbeit in der Grube beim Haareschneiden erwischte und ein Donnerwetter über die beiden übeltäter hereinbrach.
Das Unglück wollte es, dass der letzte der Kameraden erst die Hälfte seines Haarschopfes losgeworden war. Was blieb bei diesem Missgeschick anderes übrig, als sich den eigentliche Bergmannsarbeiten zuzuwenden. Man kann sich das "Hallo" vorstellen, als sich Hannes, so hiess nämlich der Blamierte, in der Badekaue seiner Kleider entledigte und sich wusch. Nebenbei: der Steiger war über dem Frisörladen in der Grube informiert worden und die überrumpelung hatte vollständig hingehauen.
Der Läuseklicker
Einst lebte im Köllertal ein Ehepaar, die Frau galt allgemein als zänkisches Weib uns sie stritt sich mit ihrem Mann bei jeder passenden Gelegenheit. So schimpfte sie ständig und nannte ihn, als er sich den Kopf kratzte, einen "Läuseklicker". über diese Frechheit empört sich der Mann so sehr, dass er sein Weib in einen Wassereimer steckte und in den beim Hause befindlichen Ziehbrunnen versenkte.
Das Weib in seiner nicht zu überbietenden Frecheheit schrie immer noch "Läuseklicker!" und als das Brunnenwasser über ihrem Kopf zusammenschlug, streckte sie Arme aus dem Wasser und machte mit den Daumen die Bewegung des Läusklickens.
Der Ziehbrunnen oder der Pütz, wie er hier genannt wird, befand sich bei jedem Haus, als es noch keine Wasserleitungen gab. Der Wassereimer wurde an einer Kette über eine Holzwalze in die Brunnentiefe gelassen und voll gefüllt wieder nach oben gezogen.
Die Herren Landvermesser
Als in den Jahren zwischen 1905 - 1906 der Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Völklingen und Lebach von der Eisenbahndirektion Trier mit Genehmigung der königlich-preussischen Regierung in Berlin beschlossen und in ein Stadium der Planung getreten war, beschlossen im Köllertal junge Männer im Alter zwischen 24 und 30 Jahre, einen bis in's Detail durchdachten Plan durchzuführen, der vorsah, auf eigene Faust mit den Vermessungsarbeiten zu beginnen.
Sie kauften sich die notwendigen Messgeräte und begannen in Eiweiler, Berschweiler, Hirtel und Landsweiler mit ihrer Arbeit. Sie fuhren mit einem "Landauer", einer repräsentativen, zweispännigen Pferdekusche mit geschlossenem Verdeck vor, führten Messungen quer durch Gärten und fruchtbaren, an die Häuser anliegenden Ackerflächen durch, verhandelten mit den Bauern um den Preis der vom Bahnbau beanspruchten Parzellen und einigten sich so schliesslich mit den Eigentümern über das zu zahlende Entgeld.
Sie wählten selbstverständlich, wo immer das möglich war, solche Grundstücke aus, in deren Häusern junge, heiratsfähige Mädchen wohnten und bei solch einmaliger Gelegeheit konnte es nicht ausbleiben, dass die Augen unserer "Landvermesser" auf dem Gesicht eines hübschen Mädchen hängenblieben. Der "gute Abschluss" wurde von den Beteiligten in der Stube bei einem guten Tropfen nach einem nicht minder guten Essen gefeiert, wofür auch nicht der beste Bauernschinken aus dem Rauchfang ausgespart wurde.
Es versteht sich von selbst, dass sich manche zarte Bande zwischen den Dorfschönen und den vermeintlichen Vermessungstechnikern anbahnte. Schaden wurde so wenig angerichtet und die Unbeteiligten, die zuerst neiderfüllt diese Szenen beobachteten, hatten später aber ihren Heidenspass daran. Wie nicht anders zu erwarten blieben zwei der jungen Männer später in den besuchten Dörfern "hängen", weil sie dort ihre späteren Ehefrauen fanden. Die anderen Hallodries hatten nur mit den Mädchen geschäkert und durften sich in den Dörfer nicht mehr blicken lassen.
Der Matz
Der Matz war ein biederer Bergmann aus dem Köllertal, Vater von 10 Kindern, mit denen er seine liebe Not hatte. Eines Samstags sagte ihm seine bessere Ehehälfte, er möge doch mit den Rangen noch baden und anschliessend mit einem der Jungen noch zum Balwutz (also dem Friseur) gehen, um ihm dort einen Zahn ziehen zu lassen. Der Balwutz versah nämlich zu dieser Zeit auch noch gleichzeitig die Stelle des Zahnarztes.
Als nun die Badeprozedur, die in einer grossen hölzernen Waschbütte stattfand, beendet war, zählte er die Häupter seiner Lieben und stellte zu seinem Erschrecken fest, dass einer der Zehn fehlte. In seiner grossen Erregung kippte er blitzschnell die Wassertonne um und die beträchtliche Wassermenge überschwemmte die Wohnstube, in der, um das Mass voll zu machen, der jüngste des Familiensegens gerade in der Ofenecke in einer Holzkiste spielte. Das Anfeuerholz, das durch die plötzlich auftretende Wassermasse in eine schwimmende Bewegung geriet, und die Schreie des Kleinen vervollkommneten den Schrecken.
Wie gesagt, die Bütte war sehr gross und fasste so um die 200 Liter Inhalt, wenn sie ganz gefüllt war. Sie diente schliesslich auch im Winter zum Einsalzen des Fleisches nach den Hausschlachtungen. Nachdem der erste Schrecken nun überstanden war, und der Matz wieder Ordnung geschaffen hatte, verduftete er so schnell das ging zum Balwutz, um dort dem Jungen den Zahn ziehen zu lassen. Aber das Pech wollte an diesem Tag kein Ende nehmen, denn als er den Buben gerade auf den Stuhl setzen wollte, musste er feststellen, dass er sich wohl in der Eile den Falschen gegriffen hatte.
So verstrichen in der früheren Zeit die Tage in den Geschichten der Alten, Leid und Freud wechselten einander ab, und was an jenen langen Winterabenden in dem Maistuben erzählt wurde, würde Bände füllen.
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