Freitag, 4. April 2014

auf dem narrenschiff #14: pustekuchen

sind wir eigentlich noch auf kurs? und wo geht's überhaupt hin?

keine ahnung, wir treiben so auf see, kein land in sicht. frag' mich nicht, wie sie ist, die see - wellen halt. haben wir uns ja dran gewöhnt. an die wellen und an das bedürfnis über die reeling zu kotzen.

säße ich jetzt an bord der "Arche B", würde ich sagen "noch zeit genug für ein bad". aber ich befürchte, du bist ein trekkie und nicht empfänglich für signale von einem anderen raumschiff. zu blöd, weil ohne die kenntnis der ereignisse auf golgafrinchams verpasst du jetzt natürlich auch die pointe.

pustekuchen. man kann nicht alles haben, man trifft entscheidungen.

womit ich wieder in der fefe's "echokammer der gleichgesinnten" teleportiert, den interessanten gedanken - naja, einen von mehreren - weiterspinnend, der uns in "echokammern" sieht, die der semiotiker schlicht als unterschiedliche zeichensysteme verstehen würde.

weil wir einerseits die zeichensysteme des anderen nicht wirklich verstehen und wir uns andererseits nicht die blöße geben wollen, das auch noch zugeben zu müssen, haben wir uns ein paar lustige strategieen zugelegt, wie wir damit umgehen.

eine davon ist die "empöreria".

ich hab' das hier mal die "erregungswellenblogosphäre" genannt, in einem zusammenhang, in dem ich je nach punkt auf der zeitachse, "richtig lag", "mich irrte" (und es zugab) und stand heute vielleicht doch nicht ganz so schief gelegen habe, die haasenheide wird ja wohl offensichtlich wieder in betrieb genommen.

nur daß es eben nicht um #aufschrei oder die haasenheide ging sondern um die art, wie darauf reagiert wird, wenn ein grenzdebiler lüstling einer frau von heute in den ausschnitt guckt (nicht greift) oder wenn komplexe dinge einem einfach denkenden publikum so unterbreitet werden, daß der instinkt schon die "spontan"-reaktion gebietet: "hängt die sau!"

oder wen auch immer. hauptsache ihr hängt sie.

in meiner vorstellung damals (du musst das nicht alles lesen, ich fasse das "wesentliche", hüstel, zusammen) wie heute eine art (selbst)-konditionierung stattfindet hin zu einer uniformen, leicht lenkbaren masse, in der jeder sich der illusion hingibt, noch individuell zu sein ... aber am ende doch nur das manipulierte opfer seiner reflexe.

des wunsches, "gut" zu sein, auf seiten der himmlichen heerscharen.

alles wird "gut". wenn ich nur "gut" bin.

pustekuchen.

ich habe nämlich immer noch keinen blassen schimmer, was das ist "gut". da scheint ja jeder etwas anderes in seiner jeweiligen "echokammer der gleichgesinnten" darunter zu verstehen. zwischen diesen echokammern ist der kontakt im wesentlichen darauf reduziert, daß man bei passender gelegenheit, sich darüber empört, daß die in der anderen kammer nur arschlöcher sind.

das nimmt für eine gewisse zeit wohl den druck aus der kammer, der halt entsteht, wenn leute den lagerkoller bekommen ... und bevor sie sich fragen, was vielleicht schiefläuft, in dieser kammer, in der großen weiten welt aller kammern, findet sich schon jemand, der eben alles schuld ist und der als sau durch's dorf muss.

einer von den anderen.

keiner von uns. wir sind die "guten". also wir ganz sicher.

die "bösen" sind die anderen. das gilt auch für die decks mit den "ganz wichtigen leuten", die gerade "schlafwandler" spielen.

bloß keine historischen vergleiche, lerne ich heute, der schäuble, echt. tief in die nazikiste. erste empörungsstoßtrupps sind, höre ich, schon bis zum ministerium vorgedrungen, angeblich sogar in's büro seiner chefin und lassen von dort verlautbaren

"halt's maul, schäuble! du machst uns noch das krokodil wach!"

und ausserdem: wenn schon parallelen, dann richtig.

christopher clarke unterzieht gegen ende des buches, zwischen dem ultimatum und den danach eingeleiteten zwangsläufigkeiten, die handelnden personen einer kleinen gender-study, einem blick auf ihre psyche und den codizes, die sie für verbindlich halten und die am ende eben in das unvermeidliche führen: das verhärten der fronten. das "lösen" eines problems mit gewalt, weil man zu blöde ist, nach gemeinsamen auswegen zu suchen.

natürlich funktioniert auch der vergleich mit 1914 nicht, was aber funktioniert ist der blick auf die mechanismen des sich verhaltens gegenüber dem, was die anderen in ihren "echokammern" so antreibt.

also neben der für alle verbindlichen wahrheit, daß die in der anderen kammer gleich mit dem knüppel auf die strasse stürzen werden, uns in's wasser treiben und die klamotten klauen werden ...

die vorstellung, daß andere in ihren kammern auch irgendwie nur "gut" sein wollen, gehört irgendwie nicht mehr zu dem repertoire der dinge, die uns antreiben, befürchte ich gerade. und werde mit worten wie "putinversteher" oder "geheimdienstversteher" bombardiert.

etwas verstehen zu wollen ist, so sieht's aus, gerade nicht sonderlich in mode.

ich habe mich heute dabei ertappt, daß mich der gedanke antrieb, jemand, der schwächer ist, gegen "die rowdies" in schutz nehmen zu wollen.

und während ich das dachte, bemerkte ich, daß dieser gedanke gerade nicht sonderlich verbreitet ist. in's wasser schubsen und die klamotten klauen fällt offensichtlich allgemein mittlerweile leichter.

man muss nicht mehr "gut" sein, wenn es schon reicht, sich gut zu fühlen, weil jemand in der echokammer sagt: "wir sind die guten".

pustekuchen.

nur die empöreria im hamsterrad.

kohle schauffeln im bauch des seelenverkäufers.

und irgendwo im hintergrund plätschert bob marley aus einer brüllbox: "don't where we're going, don't know, where we're from. we're leaving babylon, going to our father's land. exodus, movement of jah people"

schön wär's.

keine bewegung, nur stillstand.

und die empörung darüber, machtlos zu sein. festzustellen, daß die eigene heile welt eben nur im eigenen system von zeichen und bildern funktionieren.

auch wenn fefe das mit der "empöreria" nur "geklaut" hat:

"there's more to the picture, than meets the eye, hey, hey, my, my ..."

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