Samstag, 18. Januar 2014

Geschichten aus dem Köllertal VI

Das Aufstieg und Ende der Preussen 
Als unsere Heimat an die Preussen fiel, wurde dieses Preussen gerade von König Friedrich Wilhelm dem III. von Hohenzollern und dessen Gemahlin, Königin Luise von Preussen regiert. Friedrich Wilhelm wurde 1770 geboren und regierte Preussen von 1797 bis 1840. Er hatte 1793 die Königin Luise von Preussen geheiratet, die das Haupt der Antifranzösischen Partei am königlichen Hof war und als Vorbild des deutschen Frauentums galt.
Ihr zum Gedenken gründete nach ihrem Tode ihr Gemahl im Jahre 1814 den Luisenorden, der 1850 und 1865 erneuert wurde, so dass daraus ein Zweiklassen-Damenorden entwickelte, in dem sich deutsche Frauen in Krieg und Frieden besondere Verdienste erwarben. Sie war schliesslich die Mutter des Königs Friedrich Wilhelm IV., dessen Bruder Wilhelm der I. 1871 in Paris zum deutschen Kaiser gewählt werden sollte.


Friedrich Wilhelm III. war 1806/1807 im Krieg gegen Napeoleon unterlegen, den dieser gegen das Königreich Preussen und Russland führte. Im Friedensvertrag zu Tilsit hatte er die Hälfte seines Reiches verloren, eine Schmach, die ihn nicht lange ruhen liess. Er berief schon kurze Zeit später Freiherrn von Stein, dessen Name aus dem Wiederaufbau nicht wegzudenken und dem der Neuaufbau der damaligen Gemeinden allein zu verdanken ist. Nur über die Gemeinden alleine war eine Erhebung Preussens gegen Napoleon I. möglich. Schliesslich hatte auch Fürst Hardenberg, damals Staatskanzler von Preussen, eine grosse Rolle als Gegenspieler des französischen Kaisers zu spielen.
Königin Luise konnte die Beendigung des schmählichen Zustandes, in dem sich Preussen nach der Niederlage befand, nicht mehr erleben. Sie starb 1810, gerade erst 34 Jahre alt. Ihrem Mann war es möglich, den Sieg über den Mann, der ganz Europa mit seinem Krieg überzogen hatte und sich schliesslich auf eine Insel zum Sterben zurückziehn musste, zu erleben und er herrschte noch bis ins Jahr 1840, als kein Mensch mehr über die Verbrechen Napoleons, vor dem Europa 15 Jahre lang gezittert hatte, redete.
Friedrich Wilhelm IV. regierte von 1840 bis 1861, gab 1848 durch die Märzrevolution gezwungen eine freiheitliche Verfassung und setzte im Jahr 1857 seinen Bruder zu seinem Stellvertreter ein, der ihm 1861 auf dem Thron folgen sollte. Wilhelm der I., der sich 1871 in Paris zum deutschen Kaiser wählen liess starb 1888, nachdem er Preussen zu einer Grossmacht in Europa gemacht hatte.
Sein Nachfolger, Friedrich III., der 1888 seinen Thron übernahm, regierte jedoch nur 99 Tage und starb bereits am 15. Juni 1888. Der Mann, der ihm nun folgen sollte, verspielte jedoch sein Erbe. 
Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II. starb, nachdem er Europa in den 1. Weltkrieg gestürzt hatte, in Holland im Exil. Dieser Krieg, der von 1914 bis 1918 dauerte und 5.000.000 Tote mit sich bringen sollte, brachte als Ergebnis schliesslich die Republik. Am 9. November 1918 trat vormittags 10.00 an allen Kriegsfronten ein Waffenstillstand in Kraft.
Bei einem Regimentsapell, zu dem unser Oberst die Soldaten seines Regimentes zusammengerufen hatte, verkündete er mit Tränen in den Augen, dass Kaiser Wilhelm der II, der letzte Hohenzollern auf dem deutschen Kaiserthron auf den Rat des Generalfeldmarschalls von Hindenburg und seines Generaldquartiermeisters General Ludendorf, die deutsche Armee verlassen habe und nach Holland geflüchtet sei. Die Armeeführung hätten mit den Heerführern der Engländer, Franzosen und Amerikaner einen sofortigen Waffenstillstand vereinbart.
Unser Regiment lag nördlich von Verdun und so erhielten wir nach einigen Tagen den Befehl, uns durch Luxembourg nach Bitburg zurückzuziehen. Dort wurden Saarländer und weitere deutsche Truppenangehörige, soweit sie links vom Rhein beheimatet waren, demobilsiert und nach Hause entlassen. Unsere Heimat wurde wieder, wie schon so oft in der Geschichte von den Franzosen besetzt, und die Saargruben wurden den Besatzern übereignet.
Am 11. November wurde, nachdem der Kaiser abgesetzt war, in Berlin die Republik ausgerufen. Sie gab sich in Weimar eine neue Verfassung und bestimmte, dass das deutsche Volk fürderhin ihr Oberhaupt in einer allgemeinen und freien Volksabstimmung alle fünf Jahre selbst bestimmen sollte. Wählbar war jeder deutsche Staatsbürger, der das 35. Lebensjahr vollendet hatte und im Besitz seiner bürgerlichen Ehrenrechte war. Wahlberechtigt war jeder, der das 21. Lebensjahr vollendet hatte und nicht durch ein Gericht als Bürger zweiter Klasse aufgrund von Vergehen oder Verbrechen erkannt worden war. Der erste deutschen Reichskanzler, der direkt vom Volke gewählt wurde, war der Sozialdemokrat, dem schliesslich der General Paul von Hindenburg folgte. 
Das saarländische Volk fand sich, wie immer mit den Gegebenheiten ab und ist wohl auch nicht schlecht damit gefahren, bis 1933 ein ehemaliger deutscher Gefreiter aus dem Böhmerwald die politische Macht in Deutschand an sich riss und Deutschland erneut in einen Krieg stürzte, der sich über ganz Europa ausbreitete und das Zehnfache der Opfer forderte, die der erste bereits gekostet hatte, nämlich 50 Millionen, darunter auch fast die gesamte jüdische Bevölkerung. Sie musste in Konzentrationslagern und Gaskammern ihr Leben lassen, weil eine Meute von Sadisten dies in ihrem Blutrausch forderte.
Die apokalyptischen Reiter in der Offenbarung des heiligen Johannes schienen in Deutschland zu thronen und es gab für die alliierten Truppen gar keine andere Möglichkeit, als die deutsche Armee rücksichtslos zu zerschlagen. Die braunen Banditen, die sich Nationalsozialisten nannten, hinterliessen ein Trümmerfeld und entzogen sich durch Freitod mit Zyankali oder einer Revolverkugel, soweit sie der irdischen Gerechtigkeit entfliehen konnten.
Am 8. Mai 1945 schliesslich musste der Rest dieser Armee kapitulieren, und der Spuk eines "1000-jährigen Reiches", das doch nur zwölf Jahre dauern sollte, war plötzlich verflogen. Was zurückblieb, war eine vernichtete deutsche Industrie, zerbombte Städte und Dörfer und eine dem Hungertode ausgelieferte Bevölkerung. Jetzt erst zeigte sich, was deutscher Arbeitswille zu leisten vermag, denn innerhalb von 10 bis 15 Jahren schuf unser Volk einen Staat und eine Industrie, die heute zu den reichsten Nationen der Welt gehört und von dieser Welt auch anerkannt und geachtet wird.
Doch zunächst begann für die überlebenden des blutigsten Dramas deutscher Geschichte wieder ein neuer Zeitabschnitt. Deutschland wurde von den Siegermächten Russland, England, Frankreich und Amerika in vier Besatzungszonen unterteilt. Aus den drei Westzonen wurde, nachdem sich die Deutschen wieder selbst regieren durften, die Bunrepublik gebildet. 
Die östliche Besatzungszone wurde auf Befehl der russischen Regierung in die sogenannte D.D.R. (Deutsche Demokratische Republik) umgewandelt. Dieser Zustand ist heute, 25 Jahre nach dem Ende des Krieges, unverändert. Die Bundesregierung ist mit ihrer gesamten militärischen und politischen Macht nach dem Westen und die DDR ist von der Kraft der Sowjetunion abhängig. Beide deutsche Staaten unterhalten auch schlagkräftige Armeen, und eines Tages wird es dann wohl wieder so weit sein, dass Deutsche auf Deutsche schiessen werden.

Religiöses Brauchtum im Köllertal 
Mit Trompeten und Posaunenblasen begann im alten Palästina der Neujahrestag. Die Perser feierten ihm mit Eiergeschenken und auch die Römer würdigten ihn als einen Tag mit besonderer Bedeutung. Bis auf den heutigen Tag ist dieser Brauch fast in der gesamten zivilisierten Welt erhalten geblieben. Wer kann sich in unserer Heimat den Jahresbeginn anders vorstellen, ohne den Familienangehörigen, ohne den Nachbarn, Freunden und Bekannten einen herzlichen Glück- und Segenswunsch zu sagen.
Der erste Gruss galt in der Frühe des Neujahrestages den Eltern und den Geschwistern mit dem Spruch: "Guten Morgen im neuen Jahr! Ich wünsche Euch viel im neuen Jahre". Lange zu leben und glückseelig zu sterben, ohne diesen von Herzen kommenden und an das Herz des Angeredeten gerichteten Wunsch war der Beginn des neuen Jahres undenkbar.
Und so wie der Jahresbeginn von Wünschen begleitet war, so vollzog sich auch der Ablauf des gesamten Bauernjahres. Am Dreikönigstag, dem 6.Januar wurden im Stall drei kleine Wachskreuze geknetet und über der Stalltüre angebracht.
An Maria Lichtmess, dem 2. Februar, wurden zwei Kerzen entzündet, die gerade in der Kirche gesegnet worden waren, wurden durch das ganze Haus getragen und über lebendes und totes Inventar wurde während eines stillen Gebetes gesegnetes Weihwasser mit einem Palmzweig über den Bauern und sein Gesinde gesprengt.
Dieser religiöse Brauch durfte fast nur von der Bäuerin vorgenommen werden und nur dann, wenn diese nicht konnte, war es die Sache des Bauern, diesen frommen Brauch an die kommenden Geschlechter weiterzugeben. ähnliches wurde dann am Palmsonntag mit dem Palmzweig wiederholt, an Ostern mit dem Osterwasser, an Pfingsten mit dem Pfingstwasser und an Maria Himmelfahrt mit dem Krautwisch, nachdem vorher alle diese Gegenstände in der Kirche gesegnet worden waren. 
Leider hat man ja heute nicht mehr als ein mitleidiges Lächeln für diese alten religiösen Bräuche übrig. Wer denkt und glaubt noch daran, zur Sommerzeit bei einem schweren Gewitter zum am Maria Himmelfahrt gesegneten Krautwisch zu greifen und diesen im Ofen zu verbrennen, in der festen überzeugung, der Herrgott werde dadurch Haus und Scheuer vor dem Blitzschlag verschonen. Wer weiss heute noch von der Bedeutung der drei gekneteten Wachskreuze am Dreikönigstag, dass diese Kreuze der Bitte an die drei Könige, Caspar, Melchior und Balthasar entsprachen, von jeglichem Unheil beim Vieh verschont zu bleiben? In wie wenigen Häusern mag man heute noch neben der Tür der gefüllte Weihwasserkessel hängen, aus dem beim Weggang aus dem Hause ein paar Tropfen entnommen und damit das Kreuz geschlagen wird. 
Gewiss wurde auch viel Unsinn mit den religiösen Bräuchen getrieben. Der Aberglaube stand im Mittelalter eben durch die Treugläubigkeit unserer Ahnen in höchster Blüte. Nicht von ungefähr kam der Hexenglaube ins Land.
Nicht umsonst war Erzbischof und Kurfürst von Trier, Balduin gezwungen, 1310 gegen das Nadelstechen in das Neue Testament einen Hirtenbrief von den Kanzeln verlesen zu lassen, der diesen Aberglauben unterbinden sollte. Es gab eben damals Menschen, die noch an die Eiche des Zeus oder des Wotan glaubten, und die sich einbildeten, wenn man eine Salzscheibe an der Stalltüre befestigte, man vor den Hexen gesichert sei und die Kuh auch keine blutige Milch mehr geben würde. Gottlob ist dieser Spuk vorbei, aber leider hat dadurch die gesamte religiöse Einstellung der Bevölkerung einen Knacks bekommen, und es bedarf der gesamten überzeugungskraft der Verantwortlichen, die geschlagenen Wunden zu heilen.

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